Kulturpolitik:Reines Theater

Anträge auf Mittelkürzungen und Angriffe auf die Freiheit der Kunst: Im Berliner Abgeordnetenhaus lässt sich studieren, was es bedeuten würde, wenn die AfD den Vorsitz des Kulturausschusses im Bundestag bekommen würde.

Von Peter Laudenbach

Noch ist es offen, ob die AfD im Bundestag den Vorsitz im Kulturausschuss übernehmen wird. Kulturschaffende wie die Schauspielerin Iris Berben oder der Intendant des Deutschen Theaters Berlin, Ulrich Khuon, warnen davor. Wie AfD-Abgeordnete Parlamentsgremien für die Inszenierung eines Kulturkampfes benutzen, kann man schon jetzt im Berliner Abgeordnetenhaus besichtigen. Die zweite Lesung zum Haushaltsentwurf am Montag nutzten sie, um ihr Kulturverständnis zu demonstrieren. "Die AfD hat einen einfachen Kompass", sagt Kultursenator Klaus Lederer (Linke). "Wer gegen Rassismus Position bezieht oder nichtdeutsche Künstler auf die Bühne bringt, muss sich, wenn es nach der AfD geht, auf Sanktionen gefasst machen."

Zu den Änderungsanträgen, die die AfD im Kulturausschuss eingebracht hatte, gehörten Mittelkürzungen für ihnen unliebsame Bühnen wie das Maxim-Gorki-Theater, das Deutsche Theater und den Friedrichstadtpalast. "Sie nehmen für sich in Anspruch, in die Freiheit der Kunst beliebig einzugreifen. Die massiven Angriffe gegen einzelne Intendanten sind erschreckend", konstatiert die Ausschuss-Vorsitzende Sabine Bangert von den Grünen. Seit Berndt Schmidt, der Intendant des Friedrichstadtpalastes, in einem offenen Brief an seine Mitarbeiter seiner Empörung über das hohe Wahlergebnis der AfD Luft gemacht und erklärt hatte, auf AfD-Anhänger im Publikum könne er verzichten, erhält er Morddrohungen. Am Samstag musste eine Vorstellung wegen einer Bombendrohung um eine Stunde verschoben werden. Im Kulturausschuss zweifelte zwei Tage später die AfD das "Demokratieverständnis" Schmidts an und verlangte, die Zuschüsse für das Revue-Theater um 12,6 Prozent zu senken. Auch die Zuschüsse für das Gorki würde die AfD gerne mit der Begründung, das "Wirken der Intendanz" werde der "Aufgabe, breite Teile der Bevölkerung zu erreichen, nicht gerecht", um rund eine Million Euro kürzen. So klingen Einschüchterungsversuche in der Sprache parlamentarischer Anträge.

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