Kulturpolitik:Kurswechsel nicht in Sicht

Was bedeutet Jamaika für die Kultur? Es gibt dazu unterschiedliche Tonlagen bei Grünen, FDP und Union, aber daran wird das Bündnis kaum scheitern.

Von Jörg Häntzschel

Es sei nicht ihre wirtschaftliche Lage, die die Wähler zur AfD treibe, sondern ihr Gefühl, kulturell abgehängt zu sein, hieß es in einer Studie der Universität Leipzig, die kurz vor der Wahl veröffentlicht wurde und die seit dem AfD-Erfolg immer wieder zitiert wird. Doch mit "kulturell" ist hier natürlich nicht das gemeint, was in Museen, Theatern, Opern zu sehen ist. Es geht vielmehr um Religion, Bildung, Minderheitenrechte, Soziales. Kulturstaatsministerin Monika Grütters meldete sich am Montag dennoch zu Wort. Zur Fremdenfeindlichkeit der AfD-Klientel meinte sie: "Wir müssen einen guten Weg der Besinnung auf unsere eigenen Wurzeln finden, dann kann man auch dem Fremden den notwendigen Raum geben." Doch was heißt das? Jedenfalls nicht, dass sie den Theatern nun mehr Schiller im Spielplan empfiehlt. Entscheidend für die Kulturpolitik der nächsten Jahre ist vielmehr, ob Grütters das Amt - wie erwartet - fortführt. Einige komplizierte Aufgaben warten auf sie, darunter die Fertigstellung und Eröffnung des Humboldt-Forums inklusive der schwierigen Suche nach einem Intendanten und die Reform der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Am Kurs wird sich dabei auch in einer Koalition mit Grünen und FDP nichts ändern. Zumal sich deren kulturpolitische Vorstellungen von denen der CDU bis auf Einzelpunkte nur graduell unterscheiden. Die FDP etwa fordert die Rücknahme von Teilen des Kulturgutschutzgesetzes, Grütters' Herzensprojekt. Den Grünen wiederum ist kulturelle Integration besonders wichtig: "offene Gesellschaft und kulturelle Vielfalt".

Aber auch da wird man sich einigen. In den "15 Thesen zu kultureller Integration und Zusammenhalt", die auf Initiative von Grütters im Mai von Vertretern etlicher Institutionen und Verbände formuliert wurden, ist ebenfalls viel von Integration die Rede. Und es heißt dort: "Unser kultureller Reichtum beruht auch auf den Einflüssen Zugewanderter."

Viel Raum wird der Kultur in keinem der Parteiprogramme beigemessen. Zwar sind Etat und Personal des Kulturstaatsministeriums enorm gewachsen - fast 300 Leute arbeiten unter Grütters. Doch ist Kultur vor allem Ländersache. Und ein richtiges Ministerium ist das Kulturressort auch nicht. Grütters sagt, wenn es nach ihr gehe, könne es ruhig so bleiben.

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