Kulturpolitik:Die Ministerin will dankbare Künstler

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Israel bekommt ein neues Gesetz: Wer als Kulturschaffender zukünftig vom israelischen Staat finanziell gefördert werden will, muss sich allzeit loyal ihm gegenüber verhalten.

Von Alexandra Föderl-Schmid

Da stand sie plötzlich, lebensgroß: Die israelische Kulturministerin Miri Regev vor einem dreieinhalb Meter großen Spiegel auf dem Platz vor dem Nationaltheater Habima in Tel Aviv. Dargestellt wird sie in einem weißen Kleid als Schneekönigin, auf einem Schild steht: "Im Herzen der Nation." Mit dieser Statue wollte der Künstler Itai Zalait seinen Protest gegen das "Loyalitätsgesetz" zum Ausdruck bringen, das in erster Lesung bereits die Knesset passiert hat. Zwei weitere Lesungen müssen noch folgen, ehe das Gesetz in Kraft treten kann.

Es sieht vor, dass Kultureinrichtungen, Projekte oder Künstler kein öffentliches Geld erhalten, wenn sie "gegen die Prinzipien des Staates arbeiten". Regev verteidigte das von ihr seit zwei Jahren betriebene Gesetzesvorhaben vor der Abstimmung, es "basiert auf den Prinzipien von Loyalität und Dankbarkeit dem Staat gegenüber". Die Kulturministerin hatte in den vergangenen Wochen wiederholt Projekte genannt, bei denen sie das Geld streichen würde. Regev ließ die staatliche Finanzierung des Filmfestivals in Haifa prüfen, da dort "subversive Filme" gezeigt würden. Im Fokus ihrer Prüfung stand zuletzt der Film "Akko-Träume", der von einer Liebesgeschichte zwischen einer jüdischen Frau und einem arabischen Mann handelt. Sie kritisierte auch heftig den in Venedig mit dem Großen Preis ausgezeichneten Film "Foxtrot", der sich kritisch mit dem Vorgehen israelischer Soldaten im besetzten Westjordanland auseinandersetzt.

"Es ist mein Recht als Künstler, meine Aussagen im öffentlichen Raum zu präsentieren, ich bin mir nicht sicher, dass wir das in einigen Jahren noch können", begründete Zalait seine Aktion. Er hatte bereits mit einer goldenen Figur des Premierministers Benjamin Netanjahu vor zwei Jahren Aufsehen erregt, die er auch über Nacht auf den Rabin-Platz in Tel Aviv aufstellte.

Ministerin Regev reagiert auf Facebook: "In den vergangenen drei Jahren habe ich viel dafür getan, der israelischen Kulturwelt einen Spiegel vorzuhalten, der den Ausschluss ganzer Teile der Bevölkerung aufgedeckt hat und die Bevormundung derjenigen, die sich selbst für das Herz der Nation halten." Sie fügte hinzu: "Nun, das Volk, in allen seinen Teilen, ist mein Spiegel. Die Prinzipien der kulturellen Gerechtigkeit sind es, die vor meinen Augen stehen im Angesicht des Cinderella-Märchens und der unsterblichen Aussage: ,Spieglein, Spieglein an der Wand, was sind die hässlichsten Ungerechtigkeiten von allen?'"

Regev hat bereits die Filmförderung neu strukturiert. Künftig soll eine vom Ministerium überwachte Kommission die Vorentscheidung treffen, welche Filme gefördert werden. Die Kulturministerin wirft den Kulturschaffenden generell vor, zu links zu sein und Teile der Bevölkerung, wie Ultraorthodoxe, nicht zu berücksichtigen. Auch Filme aus den Siedlungen im besetzten Westjordanland sollen künftig gefördert werden.

Gegen das Loyalitätsgesetz gibt es massive rechtliche Bedenken. Die stellvertretende Generalstaatsanwältin Dina Zilber kritisierte bei einer Anhörung im Parlament das Vorhaben als rechtsstaatlich bedenklich und äußerte ihre Befürchtung, dass dieses Gesetz zur Selbstzensur von Künstlern führe. Justizministerin Ayelet Schaked forderte daraufhin die Entlassung Zilbers, was Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit zurückwies. Hunderte Kulturschaffende haben bereits eine Petition unterzeichnet, die sich gegen das Gesetz richtet.

© SZ vom 12.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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