Kulturgeschichte:Slow Art

Der Kunsthistoriker Tomaso Montanari greift Italiens Kulturpolitik scharf an. Besuchern empfiehlt er, lieber alte Kirchen anzuschauen als immer neue Ausstellungen.

Von Thomas Steinfeld

In Florenz, am linken Ufer des Arno, steht im Arbeiterviertel Pignone eine Siedlung aus den Dreißigerjahren. Sie geht auf eine breite Straße hinaus, deren universale Hässlichkeit nicht dadurch gemildert wird, dass sie nach dem Renaissancemaler Agnolo Bronzino benannt ist. Ein gemischtes Publikum hat in den Mietshäusern ein Zuhause gefunden, darunter viele Einwanderer aus Afrika. In den Blocks dahinter beginnt eine kleinbürgerliche Welt mit einer eingezäunten, aber gemeinschaftlich genutzten Rasenfläche. Im hintersten Haus wohnt der Kunsthistoriker Tomaso Montanari. Er ist in Florenz geboren, hat in Pisa studiert und wurde dort mit einer Arbeit über Gian Lorenzo Bernini promoviert. Jetzt ist Tomaso Montanari Anfang vierzig, lehrt Kunstgeschichte an der Universität "Federico II" in Neapel und ist einer der schärfsten Widersacher der staatlichen Kulturpolitik und eines Premierministers, der erklärt, die "Kultur" werde Italien "retten" und in eine "Supermacht" verwandeln, die auf dem Gebiet des Schönen, Alten und Guten erreiche, was andere nur militärisch oder ökonomisch schaffen könnten.

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