Kultur:Das Ohr zu einer anderen Welt

Mikrotöne, Dissonanzen, Field Recording: Die Reihe "Frameless" bringt Musiker zusammen, für die das musikalische Experiment im Mittelpunkt ihres Schaffens steht

Von Jürgen Moises

Nue, das ist ein mythologisches Mischwesen, das laut japanischem Volksglauben den Kopf eines Affen, die Beine eines Tigers und eine Schlange als Schwanz besitzt. "Nue", das ist auch der Titel des aktuellen Albums von Tashi Wada, welches der Komponist und Musiker an diesem Freitag zusammen mit Julia Holter und Corey Fogel in der Reihe "Frameless" im Einstein Kultur vorstellt. Da kann man sich nun fragen, wer von den dreien der Affe, wer der Tiger oder die Schlange ist. Aber das ist wohl nicht besonders zielführend.

Da ist es wohl besser, ein bisschen was von Tashi Wada zu erzählen. Der ist der Sohn des Fluxus-Künstlers Yoshi Wada und als Komponist vor allem ein Klangforscher, der sich für Obertöne, Resonanzen, Dissonanzen interessiert und am Grenzgebiet der mikrotonalen Musik oder auch der Minimal Music operiert.

Julia Holter muss man dagegen nicht unbedingt vorstellen. Sie gilt seit Jahren als eine der spannendsten Avantgarde-Pop-Künstlerinnen, die in ihrer Musik klassische Popstrukturen aufbricht und ebenfalls viel mit Klängen und Geräuschen experimentiert.

Tashi Wada

Tashi Wada ist Klangforscher, Sohn eines Fluxus-Künstlers und seit Jahren in der Musikszene von Los Angeles verwurzelt.

(Foto: Dicky Bahto)

Corey Fogel ist Schlagzeuger und Performance-Künstler, der in zahlreichen Rock-, Jazz-, Noise-, Folk- und Kammermusik-Formationen mitgewirkt hat und schon seit Jahren mit Wada und Holter zusammenspielt. Alle drei sind aus Los Angeles und wichtige Figuren in der dortigen Musikszene. Auf "Nue" präsentieren sie Musik, die Elektronik, Dudelsack, Percussion und sphärischen Gesang zusammenführt. Die etwas Irreales, Traumhaftes, Gespenstisches hat, mal archaisch, dann wieder futuristisch oder wie aus einer fremden Welt klingt.

Ebenfalls am Freitag tritt Miho Hatori auf, die so mancher als Gitarristin "Noodles" von Damon Albarns Pop-Comic-Projekt Gorillaz kennen dürfte. Oder von ihrer früheren Zusammenarbeit mit den Beastie Boys. Auch ihre eigene, 2017 aufgelöste Art-Pop-Gruppe Cibo Matto war in den Neunzigerjahren recht populär.

Bei "Frameless" präsentiert die in New York lebende Japanerin eine experimentelle Solo-Performance mit dem Titel "Mondialité", die sich aus Gesang, Elektronik und Hip-Hop-Beats zusammensetzt und von den Schriften des französischen Philosophen Édouard Glissant inspiriert ist. Ihr Auftritt in München ist laut Karin Zwack von "Frameless" eine glückliche Fügung, weil Tashi Wada selbst darum gebeten hat.

Mit dem finnischen Experimentalmusiker Olli Aarni ist auch noch ein weiterer Künstler am Freitag zu hören. Der arbeitet viel mit Field Recordings und spürt auf seinen mittlerweile mehr als 20 LPs, CDs und Kassetten den Klängen der Natur oder des Wetters nach, die er elektronisch verändert. So hat er etwa 2017 mit "Vesiä" ein auf drei Kassetten erhältliches Album herausgebracht, das auf Wasser-Aufnahmen beruht. Am Medium Kassette schätzt Aarni, dass es sehr physisch ist, mit dem Gebrauch altert, sich verändert. Für seine Aufnahmen nutzt er meist Kassetten aus Secondhandläden oder vom Flohmarkt, denen er damit, wie er sagt, ein neues Leben gibt.

Frameless 22 mit Tashi Wada Group, Miho Hatori und Olli Aarni, Fr., 13. Sept., 20 Uhr, Einstein Kultur, Einsteinstraße 42, Eintritt frei

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