Künstliche Intelligenz:Träumen Androiden von elektrischen Schafen?

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Drehbuch, Regie, Text, Schnitt: Was passiert eigentlich, wenn man die künstliche Intelligenz einen ganzen Film machen lässt? Dann wird es gruselig, aber auch lustig. Über den Kurzfilm "Zone Out".

Von Philipp Bovermann

Träumen Androiden von elektrischen Schafen? Diese Frage wurde nun vom Kurzfilm "Zone Out" geklärt, kostenlos zu sehen auf Youtube. Fast die gesamte Produktion hat eine künstliche Intelligenz übernommen, die sich selbst "Benjamin" nennt.

Zunächst dachte sie sich eine Rahmenhandlung aus. Ein Mann sitzt auf einem Sofa und schaut den Film, den wir gleich sehen werden. Kinder spielen. Ein Paar küsst sich. Die Szenen stammen aus "The Last Man on Earth" von 1964. Mit diesem und anderem Filmmaterial wurde die KI gefüttert. Außerdem gab man ihr Aufnahmen der Gesichter von Schauspielern. Die konnte "Benjamin" dann auf die Szenen basteln, um seine Geschichte zu erzählen.

Es geht darin um eine "prenatal face swap plague", also um eine Art Seuche, bei der Gesichter vor der Geburt vertauscht werden, wie auch immer man sich das konkret vorstellen soll. "Face swapping" ist eine Funktion von Apps, die automatisch zwei Gesichter im Bereich der Handykamera auf den jeweils anderen Körper verpflanzen. Das kann ganz schön unheimlich sein. Vor allem aber ist sie die Technologie, die vermutlich bald das Kapitel der "Fake News" im Bewegtbild eröffnen wird. Schauspielerinnen fürchten um ihre Gesichter, seit sie auf den Körpern von Pornodarstellerinen landen können.

Das ist alles natürlich überhaupt nicht witzig. "Zone Out" ist es aber schon. "Benjamin" hatte allerdings nur 48 Stunden Zeit, daher sehen die Gesichter ziemlich matschig aus. Von der auf einer Zeitungsseite verkündeten "face swap plague" ist anschließend nie wieder die Rede. Dafür lehnt sich eine Frau zu einem Mann ins Cabrio und fragt völlig zusammenhanglos: "How do you know what happens to the guy?" Woraufhin er selbstbewusst entgegnet: "I'm doing it for you." Die Figuren scheinen an manchen Stellen selbst zu ahnen, dass sie nicht wissen, was hier los ist. "What the hell is going on?" "I don't know." Ein in einer wissenschaftlichen Apparatur herumstehender Kopf ohne Körper weiß leider auch keinen Rat. Aber steht das nicht am Anfang allen Wissens und aller Intelligenz - das Eingeständnis, nichts zu wissen?

Der Mann in der Rahmenhandlung lacht sich schließlich schlapp über das, was er da sieht. Hahahaha. Die blecherne, vom Computer erzeugte Stimme liest das ohne jede Emotion vor, so als würde sie ganz oft hintereinander den Buchstaben H aufsagen.

© SZ vom 16.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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