Künstlerischer Nachlass:Inspirierende Ideen

Künstlerischer Nachlass: Verzaubert von der Magie des Orts: Die Architekturstudenten bei einem Lokaltermin auf dem Ganslberg im April vergangenen Jahres.

Verzaubert von der Magie des Orts: Die Architekturstudenten bei einem Lokaltermin auf dem Ganslberg im April vergangenen Jahres.

(Foto: Franz Wimmer)

Architekturstudenten präsentieren Entwürfe für Fritz Koenigs Ganslberg

Von Sabine Reithmaier

Hospiz, Spiritualzentrum, Theater, Pferdehotel, Bildhaueratelier, Tonstudio oder Meisterhaus - Möglichkeiten, den verwaisten Ganslberg zu nutzen, gäbe es viele. Daran ließen die Entwürfe der Architekturstudenten keinerlei Zweifel. Ihnen hat es sichtlich Spaß gemacht, Zukunftsvisionen für das ehemalige Domizil des Bildhauers Fritz Koenig in der Nähe von Landshut zu entwickeln und sie jetzt zum Semesterende auch zu präsentieren. Ob die Ideen freilich die Fritz-und-Maria- Koenig-Stiftung, die den Nachlass verwaltet, oder gar die Stadt Landshut motivieren, den Ganslberg dauerhaft zu sichern, bleibt weiter ungewiss.

33 Entwürfe entstanden während des Sommersemesters an der TU München bei Florian Nagler, zwölf an der Hochschule bei Gilberto Botti und Andreas Meck. In Workshops im April hatten die Studierenden den Ganslberg kennengelernt, sich von der Magie des Orts verzaubern lassen. Ein Raumprogramm war ihnen nicht vorgegeben; realitätsnah sollten die Szenarien gleichwohl sein, die Eingriffe in die Bausubstanz respekt- und maßvoll, auch wenn sie sich über die Finanzierung ihrer Ideen keine Gedanken machen mussten.

1960 hatte Koenig nach seinem Documenta-II-Erfolg das Grundstück am Rande von Landshut erworben. Zusammen mit seiner Frau Maria baute er das Hofensemble aus Wohnhaus, Werkstatt und Ställen. Der Bauprozess zog sich über Jahre hin, berichtete Dokumentarfilmer und Koenig-Freund Dieter Wieland während der Präsentation an der Hochschule. Koenig sei kein planender Architekt gewesen, vieles habe sich allmählich entwickelt, auch weil er bestimmte Räume zu bestimmten Zeitpunkten einfach benötigte.

So entstand die Kugelhalle, das Bauwerk direkt an der Straße im Anstieg zum Hof, als der Bildhauer 1968 von New York den Auftrag für die Große Kugelkaryatide erhielt. Er brauchte eine Werkstatt für das riesige Gussmodell, seinerzeit der größte Bronzeguss in Europa, und entschied sich für eine große, stützenfreie Holzkonstruktion auf einem Ziegelsockel. Die Schienenanlage, mit der das Modell bewegt wurde, würde sich auch gut für eine mobile Bühne eignen; in manchen Entwürfen wandelt sich daher die Kugelhalle zum Theaterbau mit mehreren Zuschauerrängen; Aufführungen wären auf einer "Sommerbühne" auch im Freien möglich.

In den meisten Entwürfen aber ist diese Halle als Werkstatt belassen, gelegentlich ergänzt durch seitliche Neubauten, in denen wahlweise Hausmeister, Manager, Workshopteilnehmer, gelegentlich auch der Museumsshop untergebracht ist.

Koenigs Wohnhaus selbst bleibt meist nahezu unberührt erhalten, wird als Ausstellungsfläche reaktiviert, dient als Museum oder Bibliothek. Umgebaut dagegen werden in einem Großteil der Entwürfe die angrenzenden Stallungen, häufig in Wohnräume für Stipendiaten, gelegentlich finden dort aber auch ein Café und ein Laden Platz. Das Vorbild der Villa Massimo beeinflusst inhaltlich viele Ideen, der Vorschlag, eine Residenz für junge Künstler zu schaffen, taucht mehrmals auf. Das würde sich wohl auch Dieter Wieland wünschen, dem es wichtig ist, dass die künftige Nutzung den Bezug zu Fritz Koenig nicht verliert. Einige Entwürfe sehen vor, die Skulpturen wieder auf den Berg zurückholen und einen Park mit architektonischen Interventionen zu gestalten.

Viel Kreativität steckten die angehenden Architekten auch in die Nutzung von Bewegungs- und Afrikahalle. Die "Rosshalle" entstand, als Koenig durch den Bau der verhassten Autobahn Weideflächen verlor und den Hof vor permanentem Lärm schützen wollte. Der Wall reichte ihm nicht, also kam eine zweite Halle in derselben Größe dazu. Die Studenten nutzen sie überwiegend für Ausstellungszwecke - meist von jenen Arbeiten, die künftig am Ganslberg entstehen werden. Aber auch Tagungen könnten dort stattfinden.

Reizvoll auch der Gedanke, das Wohngebäude als Meisterhaus zu nutzen, in das jeweils für ein Jahr ein berühmter Künstler zieht und mit zehn Schülern arbeitet. Die ersten drei Meister stehen zumindest in der Planung schon fest: Fotokünstler Thomas Ruff, Bildhauer Tony Cragg und Land-Art-Künstler Andy Goldsworthy. Dafür müsste wenig umgebaut werden, lediglich die Stallungen müssten verlängert werden, um Wohnraum für die Schüler zu schaffen. Der Meister kann sich dann aussuchen, in welcher Halle er arbeiten will.

Dieter Wieland war sehr angetan von den Vorschlägen, genauso wie Wolfgang Conrad, Vorsitzender des Freundeskreises Fritz Koenig. Fritz Niehoff, Leiter der städtischen Museen, hielt jeden Entwurf und das zugehörige Modell fotografisch fest. Bleibt zu hoffen, dass er den Vertretern der Stiftung, die nicht an den Präsentationen teilnahmen, von den Ideen ausführlich berichtet. er

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