Kritik:Wie ein Relief

Aida Opera Incognita

Vor der Betonwand agieren Kristin Ebner als Aida und Torsten Petsch als Amonasro.

(Foto: Aylin Kaip)

Ernst Bartmann und Andreas Wiedermann von Opera Incognita bieten eine packende Inszenierung von Verdis "Aida" im Ägyptischen Museum

Von Klaus Kalchschmid

Wer den "Aida"-Pomp von 1913 gerade in der Arena di Verona mit Hunderten Statisten und Choristen als herrliches Opernmuseum bestaunt hat, erlebte eine Schrecksekunde beim Betreten der 30 Meter langen nackten Betongruft, die sonst im Ägyptischen Museum für Sonderausstellungen genutzt wird - und jetzt für Verdis Spätwerk. Historische Kostüme gab es allerdings auch.

Regisseur Andreas Wiedermann von Opera Incognita hatte die ebenso schlichte wie geniale Idee, den breiten, aber kaum tiefen Raum als Reliefbühne zu bespielen, so als würden die gemalten Darstellungen in den Totenkammern von Theben zum Leben erwachen. Je weiter die Handlung fortschreitet, desto öfter verlassen die Sängerinnen und Sänger den halben Meter an der Wand, der ihnen als schmales, imaginäres Spielpodest dient und jede Bewegung der Hände und Arme stilisiert, aber auch übergroß wie im Stummfilm erscheinen lässt. Wiedermann hat keine Parodie im Sinn, bricht das Geschehen jedoch mit feiner Ironie in Brechtscher Manier, wenn er zwischendurch fiktive Fundstücke der Ägyptischen Sammlung präsentiert oder ein Bühnenrequisit wie den Spaten aus Hans Neuenfels' "Aida", die 1979 in Frankfurt die äthiopische Sklavin als Putzfrau im Ägyptischen Museum zeigte. Zitate über Leben und Tod, Diesseits und Jenseits, Gegenwart und Zukunft scheinen ebenso auf wie Obertitel für die italienisch gesungene, geschickt um Neben- und Ballettszenen gekürzte Aufführung, die an den Schnittstellen nach Melodien Verdis in orientalische Klangwelten fällt.

Während Verona allein zwölf der langen Aida-Trompeten aufbietet, sind es hier insgesamt nur so viele solistisch besetzte Instrumentalisten. Ernst Bartmann, musikalischer Leiter und Bearbeiter, muss mit einer Trompete für den Triumphmarsch auskommen. Doch weil Chor und Solisten - die dramatisch fokussierte Kristin Ebner (Aida), Carolin Ritter mit intensivem Mezzo als Amneris, Robson Bueno Tavares (ein baritonal auftrumpfender Ramfis), Anton Klotzner (Radames) und Torsten Petsch (Amonasro) - auf hohem Niveau singen, stellt sich eine besondere musiktheatralische Unmittelbarkeit ein, etwa wenn das Liebespaar zum Sterbegesang wie Mumien eingewickelt wird.

Aida, Di., 3. Sep., 20 Uhr, 4.,6., 7.,11.,13., 14. Sep., jeweils 19.30 Uhr, Ägyptisches Museum

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