Kritik:Der Mann ist Musik

robert plant

"Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an." Ob Robert Plant bei seinem großartigen Auftritt im Zenith an Udo Jürgens dachte?

(Foto: Sophie Missmoremusic)

Robert Plant lässt nicht nur die alten "Led Zeppelin"-Zeiten auferstehen

Von Dirk Wagner

Während Kollege Jimmy Page schwer damit beschäftigt ist, das gemeinsame Werk zu entstauben, indem er den alten Led Zeppelin-Scheiben eine bessere Klangqualität verpasst, befreit deren Sänger Robert Plant (wird nächste Woche 67) nun jenes Œuvre aus dem Rockmuseum, indem er ihm im Münchner Zenith neues Leben einhaucht. Mit einer herrlich funkigen Version der 1975er Led Zeppelin-Single "Trampled Under Foot" eröffnen Plant und seine aktuelle Band, die Sensational Space Shifters, ein Programm, das neben einigen bekannten Led Zep-Hits auch zahlreiche Songs aus Plants Soloschaffen offeriert. Gleich die zweite Nummer, "Turn It Up", zum Beispiel aus dem aktuellen Album "Lullaby and ... the Ceaseless Roar".

Jenes neue Leben aber, das er also dem eigenen Werk einhaucht, zieht der Rockmagier vor allem aus alten US-amerikanischen Bluesvorlagen, derer sich seine Generation vor allem im England der Sechzigerjahre ohnehin gerne bedient hatte. Blues-Klassiker wie Bo Diddleys "Mona (I Need You Baby)" oder Big Joe Williams' "Crawling King Snake" entfachen somit das Feuer, auf dem Plant dann auch Led Zeppelin-Klassiker wie "Dazed And Confused", "Rock And Roll" oder das herrlich psychedelische "Whole Lotta Love" zum Kochen bringt. Dass die Briten sich rockmusikalisch nur allzu oft aus den Töpfen dieser Blueslegenden bedient hätten, wie einige Kritiker umfangreich nachzuweisen wussten, rechtfertigt Plant in München mit der Feststellung, dass die amerikanische Blues-Ikone Lead Belly zum Beispiel das Stück "Poor Howard" auch nur aus einem englischen Kinderlieder-Buch abgekupfert habe, das bereits Mitte des 19. Jahrhunderts erschien. Wenn Lead Belly das englische Lied also aufbereiten durfte, sei es nur gerechtfertigt, dass die Engländer nun Lead Bellys Version des Stücks abermals bearbeiten. Einen ganz besonderen Klang erfährt jene Restaurierung dann aber durch den Einsatz der Kologo, einer westafrikanischen Laute, deren Saiten der Gambianer Juldeh Camara so rhythmisch treibend anschlägt, als sei auch dieses ein Stück von Bo Diddley.

Ganz der Musik verpflichtet, überlässt Plant dabei auch mal dem westafrikanischen Bluesmusiker die Führung, der schon mit Justin Adams britische Rockmusik mit gambischen Klängen mischte. Derselbe Justin Adams ergänzt jenen hypnotischen Sound nun im Zenith mit kurzen klirrenden Gitarrentropfen, die der imposant bärtige Liam Tyson mit weiteren Gitarrenklängen bündelt. Solches Zusammenspiel verdeutlicht sehr schnell, dass die Sensational Space Shifters keine Begleitband sind, die den instrumentalen Hintergrund für den Sänger Robert Plant bereitet, sondern eine Band, in deren Sound der Sänger gleichberechtigt eintaucht, um Musik als ein magisches Miteinander zu zelebrieren.

Es ist der alte Trick, den Robert Plant im Gegensatz zu vielen anderen Stars beherrscht: Indem er sich klein macht, wirkt er noch größer. Und so wächst Plant hörbar auf der Bühne im Zenith, die von wenigen Lichteffekten abgesehen auf sämtliche sonst üblichen visuellen Ergänzungen des Konzerts verzichtet. Solche formelle und inhaltliche Rückbesinnung auf die Musik selbst verleiht dem alten Led Zeppelin-Sänger mit dem immer noch lockigen Haar eine Authentizität, die seine Musik noch erhabener erscheinen lässt. Denn Plant spielt sie nicht nur, er ist selbst diese Musik.

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