Süddeutsche Zeitung

Krimi:Schönes totes Mädchen

Der erste Fall für den schlauen Garvie Smith, der versucht herauszufinden, wer seine Klassenkameradin umgebracht hat und dabei mit dem offiziellen Ermittler kämpft.

Von Thomas Feiler

Chloe Dow ist das schönste Mädchen an der Schule und wird von allen beneidet, entweder will man so sein wie sie oder mit ihr gehen oder zumindest kurz einmal mit ihr rummachen. Eines Tages findet man sie tot im Pike Pond. Jetzt hat sie es geschafft: Ihr Name beherrscht die lokalen Nachrichten. Nur bringt ihr das nun nichts mehr.

"Die Schöne und das Biest" melden Radio und Zeitung. Die Polizei macht sich an die Ermittlungen und setzt den jungen Inspektor Raminder Singh auf das Biest an. "Bin joggen gegangen - Um halb acht wieder da" war Chloes letzte Notiz an ihre Eltern. Aber sonderlich weiter hilft das Singh nicht. Dazu kommt noch, dass ein vorlauter 16-jähriger Möchtegern-Sherlock-Holmes sich ständig einmischt: Garvie Smith.

Garvie ist zu schlau für diese langweilige Welt, in seiner Wohngegend Five Miles bei London. Auch für die Schule ist er zu schlau, das weiß er nur zu gut. Deshalb schwänzt er auch regelmäßig den Unterricht. Stattdessen geht Garvie lieber abends mit seinen Freunden auf den Spielplatz von Five Miles und betrinkt sich, bis die Polizei kommt. Oder er raucht ein bisschen Hasch. Die einzigen Dinge, die sein Interesse wecken sind komplexe Zahlen und nun auch Chloes Leiche. Nicht nur, weil die ungeklärten Umstände ihres Todes das ideale Rätsel für Garvie sind, sondern auch, weil er mit ihr vor einem Jahr kurz zusammen gewesen ist. Es dauert nicht lange, bis Garvie merkt, dass die Polizei unter Singhs Führung den Fall nie lösen wird. Er weiß, er muss es selbst erledigen.

Simon Mason, der Autor der Reihe "Die Quigley", schafft es immer wieder neue Wendungen in die Geschichte einzubauen und seine Figuren von einem Trugschluss zum nächsten irren zu lassen. Immer wieder verrennen sie sich, in zunächst plausible und scheinbar plausible Lösungen, nur um kurz darauf herauszufinden, dass unter dem doppelten Boden nur ein weiterer, noch abstoßenderer Abgrund auf sie wartet. Und die schwierige Beziehung zwischen dem Inspektor Singh und Garvie gibt der Geschichte, die auch durch die lebendige Sprache überzeugt, noch einen besonderen Drive. Als Leser rätselt man selbst mit und irrt sich wie die beiden Protagonisten. Das alles bereitet beim Lesen ungeheuren Spaß, sorgt für Überraschungen und macht Lust auf "Kid Got Shot" Garvie Smiths zweiten Fall. (ab 14 Jahre)

Simon Mason: Running Girl. Aus dem Englischen von Karsten Singelmann. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Hamburg 2019. 460 Seiten, 14,95 Euro.

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SZ vom 05.07.2019
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