Der russische General sieht im Münchner Nationaltheater aus wie der versoffene Chef einer Motorradgang, seine Rhetorik trieft wie die aller Feldherrn vor Patriotismus beim gesungenen Feindbashing: "Die Bestie wird tödlich verwundet durch die gesamte russische Kraft." So geht es dann immer weiter. Doch die Macher von Sergej Prokofjews Oper "Krieg und Frieden" haben diese und viele andere Kriegshetzreden aus dem Libretto gestrichen, das auf Leo Tolstois monströseren Roman gleichen Titels basiert. In erster Linie, um dieses hybride Stück in Kriegszeiten überhaupt aufführbar zu machen, das zuerst eine krachend scheiternde Liebesgeschichte erzählt, dann kreischend wüst von den Schlachtfeldern des Napoleonischen Russlandfeldzuges. Prokofjew hatte seinerzeit den deutschen Überfall auf Russland vor Augen, heute kann wohl niemand im Nationaltheater umhin, den russischen Überfall auf die Ukraine mitzudenken. Also war es durchaus riskant, dieses nur selten gespielte Stück politischen Theaters anzusetzen. Es war auch keineswegs vorherzusehen, dass das Publikum derart positiv auf die Aufführung reagieren würde.
Oper in Zeiten des Krieges:Das große, sinnlose Morden
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Natascha (Olga Kulchynska, im Vordergrund) ist trunken vor Glück, weil sie glaubt, den Mann fürs Leben gefunden zu haben.
(Foto: Wilfried Hösl)Die Bayerische Staatsoper beweist, dass es absolut zwingend ist, jetzt Sergej Prokofjews Oper "Krieg und Frieden" aufzuführen.
Von Reinhard Brembeck
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