MeinungRhetorik:Die Deutschen verharmlosen mit ihrer Sprache Leid und Tod: Es heißt Krieg, verdammt noch mal

Essay von Nils Minkmar

Lesezeit: 6 Min.

(Foto: Lina Moreno/SZ)

Zivilisationsbruch, Kollateralschaden, zivile Opfer: Die deutsche Sprache ist voller aseptischer Begriffe, mit denen Leid und Tod ausgeblendet werden. Das muss sich dringend ändern.

Sie gehen zu Boden, alle drei, als hätte sich die Schwerkraft vervielfacht. Es ist eine normale Familie aus Kiew, der Rettungskräfte eine Bahre mit der Leiche ihres Sohnes bringen. Am Abend zuvor waren sie noch alle zusammen, dann hat Russland ihr Wohnhaus angegriffen. Dabei wurde ihr Kind verschüttet. Die Eltern hofften noch, es lebend zu bergen, aber nun stehen sie vor der Trage mit dem schwarzen Leichensack und gehen unter. Die tiefe Verzweiflung dieser Eltern macht so ein verwackeltes Smartphone-Video zu einem Zeugnis unserer Gegenwart und einem Moment der Wahrheit, denn es vermittelt, was so angestrengt verborgen und verdrängt werden soll: die Realität des Krieges. Niemand, der es sieht, möchte dann noch von einer „Spezialoperation“ reden, schon gar nicht von der „Denazifizierung der Ukraine mit militärischen Mitteln“. Nun ist längst bekannt, dass solche Begriffe nichts als russische Lügen sind, aber in den Sprachgebrauch haben sie dennoch Eingang gefunden, zumal in den sozialen Medien oder in der Rhetorik rechtsradikaler Parteien.

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