Konzerte:Vom Holz zum Klang

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Was ein Cello alles kann, wenn es von einem Könner gespielt wird, zeigt Maximilian Hornung bei einer Matinée im Nationalmuseum. (Foto: Marco Borggreve)

Die Münchner Geigentage im Bayerischen Nationalmuseum

Von Harald Eggebrecht, München

Eine so ehrenwerte wie vergnügliche Einrichtung sind diese Festtage, in denen eine ganze Zunft nicht nur ihre wohlgelungenen Erzeugnisse ausstellt, sondern diese auch auf ihre tadellose Funktionstüchtigkeit geprüft werden. Und das erstmals in einem wahrhaft edlen Ambiente, im Mars-Venus-Saal des Bayerischen Nationalmuseums zu Füßen eben jener hocherotischen Bronzefigurengruppe vom kraftvoll zugreifenden Mars und der elegant lockenden Venus, die einst der große Bildhauer Hubert Gerhard Ende des 16. Jahrhunderts für einen Brunnen im Innenhof von Schloss Kirchheim im Auftrag von Hans Fugger schuf.

Zur Eröffnung der diesjährigen Münchner Geigentage, die früher im Stadtmuseum präsentiert wurden, trat das wunderbar erdig, zupackend, doch immer hochdifferenziert und elastisch spielende Goldmund-Quartett (Florian Schötz, Pinchas Adt, Violinen; Christoph Vandory, Viola; Raphael Paratore, Violoncello) auf. Vier verschiedene Instrumentensätze testeten die Musiker an Wolfgang Amadé Mozarts frühem dreisätzigen B-Dur-Quartett KV 159, an Joseph Haydns alle Raffinesse der Streichquartettkunst herausforderndem Op. 76, 5 und nach der Pause an Dmitri Schostakowitschs 3. Quartett, 1946 geschrieben, das den gerade beendeten Weltkrieg kompositorisch tiefgründig und aufregend reflektiert. Der vierte Instrumentensatz hatte sich an der Zugabe, dem langsamen Satz aus Haydns erstem Quartett zu bewähren. Erstaunlich, wie schnell und nahezu perfekt sich die Musiker umzustellen vermochten und auf all den gewiss sehr unterschiedlichen Instrumenten den ihrem Ensemble eigenen Charakter hervorzurufen imstande waren. Die anwesenden Geigenbauer und Bogenmacher lauschten begeistert und applaudierten dementsprechend heftig.

28 von gut 50 Geigenbauern und Bogenmachern aus München und Umgebung haben zu Füßen des bronzenen Liebespaars ihre Violinen, Bratschen und Celli ausgebreitet. Wer Lust hat, kann und soll selbst probieren wie etwa eine Schiele- oder Klepper-Geige klingt, was eine Eibl- oder Zens-Bratsche hergibt und wie klangreich beispielsweise ein Erben- oder Jaumann-Cello wirkt.

Bis zum 26. Mai gibt es weitere Konzerte, so wird unter anderen Maximilian Hornung die Qualitäten der verschiedenen Celli vorführen, Sarah Christian die Geigen professionell auf Herz und Nieren prüfen, das Diogenes Quartett sich wie die "Goldmunds" verschiedene Instrumentensätze aussuchen und Hermann Menninghaus auch die Violen nicht zu kurz kommen lassen.

Bei den Vorträgen der Geigenbauer geht es vom Rückblick auf die Geschichte des Geigenbaus in München über einen Workshop zur Pflege der Instrumente, zu dem jeder Interessierte sein eigenes Instrument mitbringen kann, bis hin zur Klangbeurteilung durch den philharmonischen Solocellisten Michael Hell. Arjan Versteeg führt in die Dendrochronolgie zur Datierung von Instrumenten ein, während Wolfgang Schiele über den "Goldenen Schnitt an der Cremoneser Geige" ebenso reden wird wie Susanne Conradi über den Weg "vom Holz zum Klang". Als Schirmherrin konnte übrigens keine geringere als Anne-Sophie Mutter gewonnen werden.

© SZ vom 11.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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