Konzert:Welt und Anderswelt

Konzert: Marlis Petersen als Lulu im Mai 2015 an der Bayerischen Staatsoper.

Marlis Petersen als Lulu im Mai 2015 an der Bayerischen Staatsoper.

(Foto: Wilfried Hösl)

Marlis Petersen, Münchens gefeierte Staatsopern-Lulu, singt in der Milla beim "Progressive Chamber Music Festival" zusammen mit dem Sirius Quartet

Von Egbert Tholl

Ja, es stimmt: Im Mai 2015 holte sich Marlis Petersen eine blutige Nase. Damals sang sie die Titelpartie in Alban Bergs Oper "Lulu" bei der Premiere an der Bayerischen, Dmitri Tcherniakov inszenierte und es standen viele Glasscheiben auf der Bühne. Gegen eine krachte Petersen, brach sich die Nase, was sie allerdings kaum irritierte. Sie sang die Partie glanzvoll zu Ende und auf der Premierenfeier noch ein paar Jazz-Stücke, denn: "Das Staatsorchester hat einige wirklich gute Jazzer." Dass ihre Nase wirklich angeknackst war, sagte ihr erst am nächsten Tag der Arzt.

Lulu ist inzwischen vorbei für sie, in zehn verschiedenen Produktionen sang sie die Partie. Eine davon, ihre sechste, war in Athen, wo sie damals lebte und teils immer noch lebt. Das war zur Eröffnung des neuen Opernhauses dort, rechtzeitig vor der Krise. Für die Münchner Lulu wählte sie eine Mehrheit der Kritiker in der Zeitschrift Opernwelt zur Sängerin des Jahres. Das war sie zuvor schon zwei Mal gewesen. Und nun singt sie, die Supersopranistin, die im Juni mit Petrenko zusammen die "Salome" zur Eröffnung der Opernfestspiele an der Staatsoper machen wird, im Milla-Club beim "Progressive Chamber Music Festival".

Und das kam so: Vielleicht muss man ein bisschen zurückgehen, als Petersen studierte und sich die Ausbildung als Keyboarderin und Sängerin in einer Coverband finanzierte. Oder bis ins Jahr 2000 etwa, als sie ein Programm entwickelte, bei dem sie zwischen einer Barockgruppe und einer Jazzcombo hin- und herhüpfte. Aber eigentlich sieht sie das ganz unspektakulär. Nie würde sie eine Jazz-CD aufnehmen, "dafür bin ich nicht gut genug".

Lieber nimmt sie "klassische" Lied-CDs auf, dazu gleich, erst die Milla. Dort hat das Sirius Quartet aus New York schon ein paar Mal gespielt, und für das Festival haben die Musiker sie gefragt, ob sie nicht mitmachen wolle. Sie wollte, siehe Hintergrund oben. Und wird nun an diesem Donnerstag drei umarrangierte Purcell-Arien singen. "Und ein paar Zugaben" in einer Impro-Session. Also doch irgendwie Jazz. So ein bisschen zumindest.

Vor allem aber freut sich Petersen, dass gerade ihre zweite CD einer sehr persönlich ausgewählten Lied-CD-Trilogie herauskommt. Drei CDs, drei unterschiedliche Pianisten, drei unterschiedliche Themen, "Welt" und "Anderswelt". Die erste untersucht das Menschsein in verschiedenen Facetten, die zweite ist eine verführerische Reise in nordische Sagenwelten, die dritte "wird die Transzendenz". Auf der ersten findet man noch einige bekannte Lieder von Schumann, Brahms, Wagner, viel Unbekanntes von Schubert. Die zweite ist ein wunderbares Hörabenteuer. Petersen nimmt ihre machtvolle Stimme zurück, findet einen herrlich schlichten, erzählerischen Ton. Alle sind aufgenommen im Konzerthaus Blaibach, weil sie dessen Leiter Thomas E. Bauer kennt, die Akustik dort schätzt und die Sessions für sie eine Art Klausur sind. Keine Ablenkung, nur "Musikmachen, Essen, Schlafen".

Sirius Quartet, Marlis Petersen; Donnerstag, 18. Oktober, 20 Uhr, Milla, Holzstraße 28.

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