Konzert:Vom Studiosofa in die Welt

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Der Landsberger Singer-Songwriter Malik Harris eröffnet den "Sommernachtstraum" im Olympiapark auf der Hauptbühne vor Kim Wilde, Milow und dem Feuerwerk

Von Michael Zirnstein

Wo es ihn, träte er dort nicht selber auf, als Gast hinziehen würde beim Sommernachtstraum im Olympiapark, kann Malik Harris gar nicht so leicht beantworten. "Eher zur großen Bühne", sagt er, "wegen dem Wow-Effekt. Da explodiert mehr." Auf der Hauptbühne wird der Landsberger Singer-Songwriter das Open-Air mit dem Knalleffekt, dem größten Feuerwerk Deutschlands, um 17 Uhr eröffnen. Nach ihm bieten die Achtziger-Jahre-Größe Kim Wilde und der belgische Pop-Charmeur Milow die große Show auf dem Coubertinplatz. Aber der Nebenschauplatz auf der anderen Seite des Olympiasees würde Malik Harris schon auch reizen: "Ich mag es, Acts zu entdecken." Das Team vom Blitzclub hat für die idyllische "Halbinsel-Bühne" ein Programm unter anderem mit der irischen Electro-Pop-Diva Roisin Murphy (sang früher "Sing It Back" mit Moloko) und dem Münchner Indie-Groove-Wunder Pollyester gebastelt. Auch verlockend. "Einfach den Ohren folgen" würde Malik Harris da.

Wer die Ohren aufmacht, kommt momentan kaum an dem 21-Jährigen Multitalent vorbei. Mit "Say The Name" gelang ihm der perfekte Sommerhit aus Rap-Flows, Reggae und Pop, der es zum Hit-Tip auf Bayern 3 schaffte; "Welcome To The Rumble", der nachdenklichere Nachfolger, wurde sogar noch häufiger gespielt und geklickt; und für das aktuelle kämpferische "Like That Again" schaut es auch wieder prima aus. Besser noch als Klicks und Streams erklären vielleicht "Shazams" das Phänomen Malik Harris: 80 000 Mal hatte jemand zufällig Musik von ihm gehört und mit dieser App herausfinden wollen, wer da singt. Kaum einer würde da auf einen Landsberger Jungspund tippen, eher an internationales Kaliber wie Bruno Mars oder Ed Sheeran - lässig, knackig, sprudelnd, mit der Stimme tänzelnd. Nun endlich habe er auch zumindest mal eine EP draußen, ein Minialbum mit seinen ersten drei Singles und dem Fan-Favoriten bei Konzerten, "Pleasure And Pain", live eingespielt wie bei Konzerten mit Beatboxing, Loopstation und Getrommel auf der Gitarre. So kennt man Harris inzwischen, als gepimpte Variante des Star-Solisten Ed Sheeran.

Dass er auch mitreißen kann, wenn seine Gerätschaften versagen und er sich nicht zu einem Ein-Man-Orchester aufschichten kann, zeigte er bei der Pressekonferenz zum Tollwood-Festival, auf dem er dann vor Tausenden Menschen als Support von Tom Odell auftrat. Nicht sein größter Gig: Vor James Blunt in Berlin hörten ihm 8000 Menschen zu. Bei der "Breminale" an der Weser trotzte er dem ins Zelt eindringenden Hochwasser und versetzte die Menge in Schönwetterstimmung. Malik Harris aus Issing wirkt dabei ganz natürlich, er scheint für die große Show geschaffen. Ein Opa war Opernsänger in den USA, eine Oma Pianistin, sein Vater der überdrehte Nachmittags-Talkshowmaster Ricky Harris. "Ich habe mich immer halbwegs wohlgefühlt, wenn die Leute auf mich geschaut haben", sagt er.

Dass er nach einer Fußballer-Karriere und Lehrjahren als Sänger auf Bar-Bühnen in Landsberg, München und Kassel nun groß heraus- und herumkommt und sogar auf dem diesjährigen renommierten Reeperbahn-Festival spielen wird, liegt auch an seinem Entdecker: Robin Karow. Der hat als Schlagzeuger der Münchner Vorzeige-Erfolgsband Cosby reichlich Erfahrung in allen Sparten des Musikgeschäfts gesammelt und setzt nun als sein Mentor und Manager nicht nur große Hoffnungen in das Talent, er hilft auch, wo er kann: kümmert sich ums Booking, hat ihm einen Vertrag mit dem Plattenriesen Universal verschafft und produziert mit seiner eigenen Filmfirma Tip-Top-Musikvideos nach international vermarktbarem Storytelling-Standard. "Ein Segen" sei Karow für ihn, sagt Harris, der seit einer Weile im geräumigen Cosby-Studio auf der Couch schläft. "Da kann ich voll eintauchen, meine Ideen sofort aufnehmen und umsetzen. Was ist geiler, als aufzuwachen und um sich herum nur Instrumente zu sehen?"

Höchstens seine Reise nach New York und Hudson. Dort erfüllte sich der Musiker in einem in einer alten Kirche eingerichteten Studio einen Traum, und man darf sich wundern, was dieser junge Mann schon für Träume hat: Er nahm dort zusammen mit einem Gospel-Chor auf. Alles live und in einem Rutsch, obwohl die Sänger sich nicht hatten vorbereiten können, weil sie gerade von einer Tour mit Patti La Belle kamen. Aber wie sie alle improvisierten, Maliks Songs zu etwas noch Größerem machten - "zwei, drei, vier, Boom - perfekt" - das war eine Lektion fürs Leben. Und Harris bringt Chor-Material mit, das er auch mal in einen Song "reinhauen" könne, sowie Filmaufnahmen von der Session, die er flankierend zur nächsten Single "When We Arrived" im Herbst veröffentlichen will. Immer ein Aufmerksamkeits-Ass im Ärmel, so macht man erfolgreich Pop heute.

Er selber sei gar nicht so drin im Geschäft, sagt er, Robin Karow behalte den Überblick. Harris will nur spielen. Unterhalten mit eigenem und Covers wie "Wheathered" von Jack Garratt. "Ich kenne mein Set und beherrsche die Technik, meistens. Auf der Bühne zu sein, ist das Beste, was mir passieren kann." Deswegen ist es auch keine Frage für ihn, ob es ihn in Zukunft auf die Mainstages oder die Neben-Spielstätten zieht. "Mein Traum war immer, auf den größten Bühnen der Welt zu spielen."

Münchner Sommernachtstraum , Sa., 20. Juli, 16-23 Uhr, Olympiapark, Malik Harris um 17 Uhr auf dem Coubertinplatz

© SZ vom 19.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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