Süddeutsche Zeitung

Konzert:Trauer in Tönen

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Mike Shinoda ist Mitglied von "Linkin Park". Mit seinem Album "Post Traumatic" ist er jetzt solo unterwegs

Von Jürgen Moises

Sich mit wichtigen emotionalen Dingen künstlerisch auseinanderzusetzen, das war, so Mike Shinoda, schon immer seine Art. Deswegen war es nach dem Tod von Chester Bennington im Juli 2017 für den Rapper, Gitarristen und Keyboarder von Linkin Park eigentlich keine Frage, dass es bald wieder zurück ins Studio gehen wird. Angst hatte er trotzdem, sagt Shinoda, aber noch mehr davor, dass eine zu große Pause die Rückkehr zur Musik nur schwieriger machen wird. Ein Solo-Album aufzunehmen, das war dagegen nicht wirklich der Plan. Aber als er damit begann, den Tod seines Freundes, des Linkin-Park-Sängers Chester Bennington, musikalisch zu verarbeiten, kam dann irgendwann der Wunsch auf, die entstandenen Songs mit jemandem zu teilen.

Das geschah zunächst per Vorabtracks und Videos im Internet, in denen man Shinoda beim Produzieren, inmitten einer Menschenmenge oder alleine umherirren sieht oder auch mal das Zimmer seiner Kinder. Wieso? "Damit das ganze Projekt seine Verwurzelung in der Realität hat", erzählt der 42-Jährige am Telefon. Und damit die Leute sehen: "Das ist ein menschliches Wesen" und kein Schauspieler in einem Film. Auch die Texte auf Shinodas im vergangenen Juni erschienenen Album "Post Traumatic", das der Amerikaner am kommenden Montag im Zenith vorstellt, sind nah an der Realität und bilden wie eine Art Tagebuch den Trauerprozess ab. "Ich dachte, das könnte nicht nur für mich, sondern auch für die Fans eine psychische Hilfe sein".

Damit spricht Mike Shinoda von und zu Millionen von Menschen. Gilt die 1996 in Los Angeles gegründete Band Linkin Park doch mit mehr als 55 Millionen verkauften Alben und sieben internationalen Nummer-Eins-Alben als die erfolgreichste Band des 21. Jahrhunderts. Für deren Alternative- und Nu-Metal-Sound war der Gesang von Chester Bennington im Zusammenspiel mit den Rap-Parts von Shinoda prägend. Und wie es nun ohne diesen mit Linkin Park in Zukunft weitergehen kann, das ist laut Shinoda tatsächlich eine offene Frage. Seit dem Tribut-Konzert für Chester Bennington am 28. Oktober 2017 und dem nachfolgenden Tribut-Live-Album "One More Light Live" liegt die Band gewissermaßen auf Eis. "Ich habe mit den anderen Jungs von Linkin Park gesprochen. Wir machen Pläne. Und wir werden sehen, was passiert."

Die zwischen Pop und Hip-Hop changierenden Songs auf "Post Traumatic" hat Shinoda weitgehend alleine aufgenommen, vereinzelt unterstützt durch andere befreundete Musiker. So kann man etwa in "Lift of" den Rapper Machine Gun Kelly und den Deftones-Sänger Chino Moreno hören. Vor allem die Beteiligung von Chino Moreno sei ihm wichtig gewesen, so Shinoda. Weil er ein guter, langjähriger Freund ist. Und weil Shinoda selbst beim Tribut-Konzert dabei gewesen ist, das die Deftones 2013 für ihren verstorbenen Bassisten Chi Cheng gespielt haben. Auch auf der aktuellen Tour wird der 42-Jährige von befreundeten Musikern unterstützt: dem aus Israel stammenden Schlagzeuger Dan Mayo, der einen musikalischen Hintergrund im Funk und Jazz und außerdem Erfahrung im Improvisieren hat, und dem Gitarristen, Keyboarder und Sänger Matt Harris.

Gemeinsam werden sie auf der Bühne Stücke vom Album "Post Traumatic" spielen sowie zahlreiche Lieder von Linkin Park und von Shinodas Hip-Hop-Nebenprojekt Fort Minor. Wobei sich die Setlist auch täglich oder ganz spontan am Abend ändern kann. "Es wird Momente geben, in denen wir zurückblicken und Chester feiern. Aber es wird auch große Teile geben, die nichts mit ihm zu tun haben", so Shinoda. Und in denen dann im Gegenteil der Spaß im Zentrum stehen soll. Denn die aktuelle Tour, sie soll vor allem ein "Dankeschön" an die vielen Linkin-Park-Fans sein, "weil sie all die Jahre lang so unglaublich waren". Ihnen einen "unvergesslichen", "magischen" Abend zu bescheren, das sei sein eigentliches Ziel. Und deswegen hofft er auch, dass besonders viele davon zum Konzert in München ins Zenith kommen.

Mike Shinoda , Montag, 18. März, 20 Uhr, Zenith, Lilienthalallee 29

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SZ vom 16.03.2019
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