Konzert:Prinzip Verkrassung

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Von allem etwas: Jan Zehrfeld (Mitte) versteht es, mit seinem "Panzerballett" verschiedene Musikstile in Heavy Metal zu vereinen. (Foto: Unterfahrt)

Jan Zehrfeld hat klassisch Cello gelernt, kam als Gitarrist zum Jazz und lebt mit dem "Panzerballett" seine Begeisterung für harte Metal-Musik aus

Von Oliver Hochkeppel

Es dürfte nicht viele Jazzmusiker - auch nicht Jazzrocker - geben, die schon in Wacken gespielt haben, beim Kultfestival und heiligen Gral der Metal- und Hard-Rock-Szene. Der Gitarrist Jan Zehrfeld hat das in diesem Jahr mit seiner Band Panzerballett getan. Und sein Saxofonist Alex von Hagke spielte wenige Tage danach als Klarinettist mit seiner Klassik-Crossover-Band Passo Avanti beim Schleswig-Holstein-Festival. Jetzt ist die Truppe um Zehrfeld im Jazzclub Unterfahrt zu Gast, um ihr aktuelles Album "Breaking Brain" vorzustellen. Mehr Bandbreite geht nicht.

Der 39-jährige Münchner Zehrfeld lernte zunächst Cello und beschritt nach seinem Umstieg zur Gitarre den klassischen Weg im Jazz: Er kam ins Bundesjazzorchester, arrangierte für Martin Schmitt, spielte bei Klaus Doldingers Passport. Doch seit seiner Kindheit hatte er auch diese Vorliebe fürs harte Genre und beackerte nebenbei dieses Feld, bei Rudolf Rock & die Schocker oder bei Slid. Vor zwölf Jahren kam Zehrfeld dann auf die Idee, die beiden Steckenpferde zusammenzuspannen, also jazzige Komplexität, bluesige Wärme und Weltmusik-Einflüsse auf die unerbittliche Wucht und die lärmenden Klangbretter des Metal treffen zu lassen. Man kann behaupten, dass sein Panzerballett der Vorreiter einiger ähnlicher Projekte und seither die Referenzgröße auf diesem Gebiet ist.

Das Prinzip der "Verkrassung", wie es Zehrfeld nennt, funktioniert ebenso gut bei Cover-Versionen wie bei eigenen Kompositionen, das hat das Panzerballett auf inzwischen fünf Alben und bei Tourneen in aller Welt bewiesen. Auf "Breaking Brain" findet man eine wilde Adaption von Henry Mancinis "Pink Panther" und eine lustige Interpretation von Piero Umilianis Pop-Ohrwurm "Mahna Mahna". Brachial ist auch die schon so betitelte Eigenkomposition "Frantik Nervesaw Massacre". Am verständlichsten wird das betörende Spiel mit der kunstvoll gespielten, wahnwitzig tönenden, aber oft auch sehr humorvoll und lustig inszenierten Komplexität aber wohl bei "Typewriter II", das mit Samples einer analogen Schreibmaschine arbeitet und von Leroy Andersons "Typewriter" aus dem Jahr 1950 inspiriert ist, allerdings bald mörderisch hart zur Sache kommt. Von derartigen Parforceritten kann man sich bei Stücken wie "Saxdiktator" etwas erholen, wenn es gemäßigter und jazziger zugeht.

Hatte man sich im Studio bei zwei Stücken Verstärkung beim Perkussion-Star Trilok Gurtu geholt, so muss der Flirt mit indischen Motiven in der Unterfahrt mit der Stammbesetzung auskommen. Das sind neben Zehrfeld und von Hagke der zweite Gitarrist Josef Doblhofer, der Bassist Heiko Jung und der Schlagzeuger Sebastian Lanser. Tipp: Gehörschutz nicht vergessen.

Panzerballett , Donnerstag, 1. Dezember, 21 Uhr, Unterfahrt, Einsteinstraße 42

© SZ vom 01.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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