Konzert:Politisch motiviert

Konzert: Gegen jede Art von Nationalismus: Gino Srdjan Yevdjevich, Gründer und Sänger der Band „Kultur Shock“.

Gegen jede Art von Nationalismus: Gino Srdjan Yevdjevich, Gründer und Sänger der Band „Kultur Shock“.

(Foto: Veranstalter)

Der aus Bosnien stammende Musiker und Konzertveranstalter Asmir Sabic holt die in Seattle beheimatete Gypsypunk-Band "Kultur Shock" ins Import Export

Von Jürgen Moises

Der Nationalismus ist eine Infektionskrankheit, deshalb befürchte ich, dass er sich ausbreiten wird." Dieses Zitat ist von Gino Srdjan Yevdjevich, dem Gründer und Sänger der in Seattle beheimateten Gypsypunk-Band Kultur Shock. Was eine solche Infektion bewirken kann, das hat der Musiker am eigenen Leib erlebt. Denn er stammt aus Sarajevo und landete Mitte der Neunzigerjahre infolge des Bosnienkrieges in den USA. Seitdem hat Yevdjevich das Gefühl, das hat er ebenfalls im Interview gesagt, dass er in einem einzigen Déjà-vu lebt. Ein Gefühl, das sich in den vergangenen Jahren durch die Entwicklungen in Ungarn, Polen, England oder Trump-Amerika noch verstärkt hat.

Um dem etwas entgegenzusetzen, haben Kultur Shock ihre letzte USA-Tour "Unite Against Fascism (Again)" genannt. Und unter dem gleichen Titel werden die aus Bosnien, Bulgarien, Indonesien und den USA stammenden Musiker an diesem Freitag auch im Import Export spielen. Eingeladen dazu hat sie Asmir Sabic, und zwar im Namen von BalkaNet, dem Münchner Verein für Kultur, Kunst und Wissenschaft aus und zu Südosteuropa, der im letzten Jahr 20 Jahre alt geworden ist und zu dessen Vorstand er seit drei Jahren zählt. Er selbst stammt wie Yevdjevich aus Bosnien. Er wurde 1979 in Travnik geboren, der Heimatstadt des Literaturnobelpreisträgers Ivo Andric, lebt seit 2008 in München und ist hier als Musiker, Veranstalter und Mitglied des soziokulturellen Teams der Glockenbachwerkstatt aktiv. Auch Asmir Sabic macht sich Sorgen, hat dieses ständige Déjà-vu-Gefühl, das unter anderem durch das Massaker in Christchurch genährt wurde und die Tatsache, dass der Attentäter auch Kontakte zu serbischen Radikalen hatte. Oder durch den Prozess gegen den Kriegsverbrecher Radovan Karadzic, der zwar lebenslänglich verurteilt wurde, aber immer noch Anhänger in Ex-Jugoslawien hat. Durch die rhetorischen Zündeleien, wie sie Politiker in Osteuropa, Frankreich oder Deutschland betreiben. Durch die Ignoranz von Politikern, die einfach wegsehen oder sogar mit Rechten koalieren. Deshalb sagt Sabic, der auch bei zukünftigen Veranstaltungen wie dem Subkultur-Festival Noise Mobility im Juni in der Glockenbachwerkstatt verstärkt auf politische Inhalte setzen will: "Mir ist bewusst, dass ich etwas machen muss".

Dieses Bewusstsein hat auch mit der eigenen Tochter zu tun, oder der Tatsache, dass viele junge Leute mit Wurzeln in Ex-Jugoslawien den Bosnienkrieg nicht mitbekommen haben und nur die aktuelle nationalistische Politik kennen. Ihnen und allgemein den mehr als 200 000 Menschen mit jugoslawischen Wurzeln hier in München eine "offene Welt" jenseits der Identitätspolitik zu bieten: auch darum soll es bei dem Konzert gehen. Mit ihrer multinationalen Herkunft, ihren politischen, satirischen, mehrsprachigen Texten und ihrer wilden Mischung aus Punk, Metal, Disco und Balkan-Rhythmen sind Kultur Shock dafür wohl tatsächlich eine Idealbesetzung.

Eine ergänzende Gesprächsrunde zu machen, daran hatte Sabic ebenfalls kurz gedacht. Aber ihm ist es dann doch lieber, wenn die Leute beim Konzert oder der Aftershow-Party mit den Balkansistas von selber ins Gespräch kommen. Oder einfach tanzen und gemeinsam Spaß haben.

Kultur Shock; Freitag, 29. März, 21 Uhr, Import Export, Schwere Reiter Str. 2

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