Süddeutsche Zeitung

Konzert:München an der Seine

Mit geballter Gitarristen-Virtuosität erinnert der "Hot Club de M Belleville" an Django Reinhardt und seinen Pariser Gypsy Jazz. Die nächste Session gibt es nun in der Bar Gabányi

Von Dirk Wagner

Der Name der Münchner Formation Hot Club de M Belleville verrät bereits eine geistige Verwandtschaft mit jenem Quintette du Hot Club de France, das 1934 in Paris von dem Gitarristen Django Reinhardt und dem Violinisten Stéphane Grappelli gegründet wurde. Deren Quintett trug wesentlich zur Verbreitung des Gypsy Jazz bei, der unter anderem einen französischen Volkstanz, die Valse Musette, als Swing aufbereitet. Ursprünglich erklangen nur Saiteninstrumente; die Gitarren fungierten sowohl als Solo- als auch als Rhythmusinstrumente. Als solches ersetzt es sogar das Schlagzeug. Darum ist es nur folgerichtig, dass Daniel Fischer, einer der beiden Rhythmusgitarristen des Hot Club de M Belleville, sein Musiker-Dasein als Schlagzeuger startete. Als wäre die Gitarre nur ein Schlagzeug mit anderen Mitteln, prägt er nun in Begleitung eines weiteren Gitarristen erneut den Rhythmus, unterstützt von der Kontrabassistin Julia Hornung.

Als einen Grund für den Instrumentenwechsel nennt Fischer seine Begeisterung für Django Reinhardt. Diese Begeisterung ließ ihn auch das jährliche Gypsy-Jazz-Festival im Fraunhofer gründen. Zuvor startete er allerdings im mittlerweile geschlossenen Restaurant "M Belleville" ein regelmäßiges Treffen von Musikern, die ihre Leidenschaft für den Gypsy Swing in gemeinsamen Sessions auslebten. Aus ihnen ging schließlich der Hot Club de M Belleville hervor, der neben der erwähnten Rhythmussektion noch drei Solisten führt, die ihr Gitarrenspiel mal ergänzen, mal überlagern. Die Gitarrenfigur des einen wird vom anderen aufgegriffen, alterniert und dem nächsten Spieler übergeben.

So virtuos gerät dabei das Zusammenspiel, als würden die Spieler mit den Klängen jonglieren. Da alle auch in anderen Bands spielen - so führt zum Beispiel der Solo-Gitarrist Chekel Franz mit seinen Brüdern das nicht minder etablierte The Franz Ensemble -, versteht sich der Hot Club als All-Star-Band, die trotz des festen Stamms gelegentlich in abweichender Besetzung auftritt. Bisweilen wird die Band live aber auch von einem Saxofonisten oder anderen Gastmusikern verstärkt.

Auf ihrem Debüt-Album "Tour D'Horizon" überzeugen die Musiker indes allein mit ihrem Saitenspiel. Jazz-Standards wie "September In The Rain", Popsongs wie Stevie Wonders "Lately" oder Gypsy-Swing-Klassiker wie Lulu Reinhardts "Lulu- Valse" erfahren hier eine mitreißende Neuinterpretation. Wobei sich auch eine Eigenkomposition des jüngsten Mitspielers der Truppe, dem in diesem Jahr erst volljährig gewordenen Solo-Gitarristen Elias Prinz, in diesem illustren Musikerkreis behaupten kann. Damit gelingt dem Münchner Hot Club ein abwechslungsreiches Programm vom Up-Tempo-Swing des frühen Hot Club de France über Musette-Walzer bis hin zu neueren Spielarten des Gypsy Jazz.

An diesem Donnerstag, 13. Dezember, öffnet der Hot Club de M Belleville nach seinem Konzert in der Bar Gabányi die dortige Bühne für eine Session, zu der alle Besucher eingeladen sind. Auf dass sich auch hier wieder der Zauber jener früheren Sessions im M Belleville entwickelt. Als würde München an der Seine liegen, möchte man dann bei einem guten Wein für einen Augenblick davon träumen, dass Django Reinhardt und Stéphane Grappelli die Session persönlich begleiten. Im Geiste tun sie das ohnehin.

Hot Club de M Belleville; Do., 13. Dezember, 20.30 Uhr, Bar Gabányi, Beethovenplatz 2.

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Quelle:
SZ vom 12.12.2018
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