Konzert:Lebensfreude auf allen Ebenen

Die Münchner Band "Cosby" bietet mit ihrem zweiten Album "Milestone" brillanten Pop - und unterstützt nebenbei Schüler in Malawi und Naturschützer in Alaska

Von Michael Zirnstein

Als Popband muss man sich nie nur um Musik kümmern, sondern auch um Bilder, um Filmaufnahmen etwa, die die Töne in einen Kontext setzen. Die junge Münchner Do-it-yourself-Combo Cosby liefert seit nun acht Jahren Bilder und Töne, die niemanden an ihrer Professionalität zweifeln ließen. Ihr Brillant-Pop wie die Single "Boon & Bane" wurde drei Millionen Mal im Internet angeklickt, veredelte Parfüm- und Mundwasser-Reklame und die "Germany's Next Top Model"-Shows. Das weckte Bewunderung wie Neid. Wenn die vier nun auf den neuen Pressefotos anämisch wirken, wie beim morgendlichen Anschalten der Putzbeleuchtung in der Technodisco, erzählen sie etwas anderes als einst mit ihren Gymnastikanzug-Hops-Bildern zum Debütalbum "As Fast as We Can". Jetzt geht es weniger ums Hoch hinaus einer Jugend auf der Überholspur, sondern es geht tief hinein in eine erkenntnisbringende Erschöpfung. Spaß sieht hier nach getaner Arbeit aus. Da glaubt man den Erblassten sofort, dass sie ihren Studiokeller in Unterföhring beim Fabrizieren von noch ereignisreicherem Pop für das zweite Album "Milestone" lange nicht verlassen haben.

Konzert: "Wir wollen emotional aufrütteln", sagen Gitarrist Christoph Werner, Schlagzeuger Robin Karow, Sängerin und Pianistin Marie Kobylka und Bassist Kilian Reischl (von links) von Cosby.

"Wir wollen emotional aufrütteln", sagen Gitarrist Christoph Werner, Schlagzeuger Robin Karow, Sängerin und Pianistin Marie Kobylka und Bassist Kilian Reischl (von links) von Cosby.

(Foto: Cosby)

Gäbe es da nicht das Video zum Titelsong: Das spielt in der gleißenden Sonne Afrikas. Es zeigt nicht nur, wie perfekt die Musiker, von denen einige ihr Geld als Filmemacher verdienen, das Clip-Format und Storytelling beherrschen. Ein einheimischer Junge legt hier eine Musikkassette mit in seinen Ghettoblaster ein, um lässig mit seinen Spielkameraden durch die Dorfstraßen zu ziehen, wo er auf die enthemmt tanzende Sängerin Marie Kobylka trifft. Lebensfreude auf allen Ebenen. Das Video zeugt aber auch davon, dass es um mehr geht in den Songs und überhaupt - "nicht mehr nur um meine kleine Welt, so: Ach, mein Herz wurde mir gebrochen", wie Sängerin und Hauptsongwriterin Marie Kobylka erzählt. Jetzt diskutieren sie nicht mehr nur im Probenraum darüber, ob es als Vegetarier in Ordnung ist, Tiergeräusche zu machen, wenn jemand am Tisch in ein Wurstbrot beißt, jetzt schreiten sie auch als Künstler zur guten Tat.

Projekt eins: Als sie den Auftrag erhielten, in Malawi einen Imagefilm für einen Solaranlagen-Hersteller zu drehen, kamen sie auf die Idee, den Trip gleich für ein Musikvideo zu nutzen. Und könnten sie nicht die Instrumente dort lassen und ein Gebäude für eine Musikschule bauen? "Wenn man helfen kann, wäre es doch Schwachsinn, es nicht zu tun", sagt der Schlagzeuger Robin Karow. Am Ende hatten sie der Tsogole La Ana School in Mpemba auf eigene Kosten zudem eine Solarstromanlage organisiert - und kamen selbst reich beschenkt mit Gesängen und neuen Freundschaften nach Hause. Die Botschaft hört man im Video, erst von einem Kind, das einen Brief vorliest, dann von Kobylka im frohgemuten Song: " I am like you, you are like me."

Projekt zwei ist die Rettung des Arctic National Wildlife Refuge. Donald Trump bedroht das Naturschutzgebiet in Alaska mit Ölbohrungen, hat seine Rechnung aber ohne Cosby gemacht. Die zeigen in ihrem atemberaubenden Video zum Song "Greyblue" die ganze Pracht der Tiere und Landschaft. Weil ein Helikopterflug in den Park 8000 Dollar pro Person und Tag gekostet hätte, nutzten sie erstmals Fremdmaterial - ein dort tätiger Fotograf unterstützte sie. Es geht nicht ums eigene Schaffen allein: "Wir haben zum ersten Mal politisch Stellung bezogen", sagt Karow. Das passt zur ureigensten Aufgabe von Cosby, findet Marie Kobylka: "Wir sind immer noch eine Band, wir wollen die Leute emotional aufrütteln."

Cosby, Sonntag, 11. März, 20 Uhr, Technikum

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