Konzert:Glasklar

PAM Public Art Munich

Hinter den gläsernen Barrieren im Maximiliansforum probte das temporäre "Staatsorchester" diese Woche.

(Foto: Constanza Melendez)

Finale von Public Art Munich im Neuen Rathaus: Beim "Staatsorchester" von Ari Benjamin Meyers und Nicholas Kok spielen 30 Straßenmusiker aus aller Welt

Von Evelyn Vogel

Er stand schon mit David Gilmour von Pink Floyd auf der Bühne und trat als Solist in verschiedenen Konzertsälen dieser Welt gemeinsam mit philharmonischen Orchestern auf. Und doch kann man sagen, dass die Straße sein "Zuhause" ist. Denn mit seinem virtuosen Spiel auf der Glasharfe fasziniert der russische Musiker Igor Sklyarov regelmäßig die Menschen auf den öffentlichen Plätzen von Moskau bis Venedig.

Seit Anfang dieser Woche probt Sklyarov gemeinsam mit anderen Straßenmusikern und -musikerinnen für ein Projekt, das für die 30 Teilnehmer eine Premiere darstellt: Das "Staatsorchester" von Public Art Munich, kurz PAM. Diese Kunstaktion im öffentlichen Raum, die das Kulturreferat der Stadt München nach 2013 nun zum zweiten Mal ausgerichtet hat, stand unter dem Motto "Game Changers" und wurde von der international bekannten Kuratorin Joanna Warsza geleitet. Das "Staatsorchester", das den Abschluss der dreimonatigen Kunstaktion darstellt, hat der aus New York stammende, in Berlin lebende Künstler Ari Benjamin Meyers konzipiert und im Stil zeitgenössischer Musik komponiert. An diesem Freitag wird die etwa 30-minütige Komposition unter musikalischer Leitung des britischen Dirigenten Nicholas Kok im Neuen Rathaus aufgeführt. Die Staatsorchester-Installation wird als Dauerloop zwischen 17 Uhr und 21 Uhr erklingen, so dass man nach Lust und Laune zuhören kann. Das gesamte Orchester wird im Sitzungssaal spielen, einzelne Musiker werden sich aber auch auf dem Rathausbalkon präsentieren, auf dem die Fußballer des FC Bayern mit schöner Regelmäßigkeit allerlei Tafelsilber in den weiß-blauen Himmel stemmen.

Pokale und Schalen werden die Musiker nicht erhalten, nur eine Aufwandsentschädigung für die Proben- und die Aufführungsstunden. "Und das deckt bei manchen tatsächlich nur einen Teil des Einkommensverlustes ab", wie Meyers weiß. Aber alle sind mit Engagement und Konzentration bei der Sache - und alle mit Sachkenntnis. Die meisten haben ihr Instrument auf einem Konservatorium studiert und können die Partitur vom Blatt lesen. Trotzdem gibt es mitunter Verwirrung - sprachlicher Art. Denn die 30 Straßenmusiker und Straßenmusikerinnen des "Staatsorchesters", die zwischen 17 und 70 Jahre sind, stammen aus Deutschland, Italien, Spanien, Russland, Österreich, Peru, der Slowakei, der Ukraine und der Mongolei. Und nicht immer kann sich Kok mit deutsch oder englisch verständlich machen. Manche von ihnen touren Jahr für Jahr während der Sommermonate durch Europa, für viele gehört München fest zur Route. Manche sind zum ersten Mal hier, gastieren bei Festivals und verlängern ihren Aufenthalt um ein paar Wochen.

Das Casting für das "Staatsorchester" war einfacher, als man das erwarten würde. Denn "wildes Musizieren" ist in München verboten. Also müssen die Straßenmusiker jeden Morgen um acht Uhr eine Genehmigung für den Tag bei der Stadtverwaltung beantragen, die ihnen dann auch die Plätze und Spielzeiten zuteilt. Und hier setzte Meyers an. Hatte er vorher schon etliche Kandidaten im Auge - und vor allem im Ohr, so ließ er schon vor Monaten bei der morgendlichen Genehmigungsrunde verschiedene Musiker ansprechen, ob sie mitmachen wollten.

Grob hatte er die Komposition bereits geschrieben, erzählt Meyers. Aber die endgültige Notation konnte erst erfolgen, als klar war, welche Musiker mit welchen Instrumenten mit dabei sein würden. Und so finden sich nun nicht nur typisch klassische Musikinstrumente im "Staatsorchester", sondern Panflöten aus Peru neben Pferdekopfviolinen aus der Mongolei, zwei Vibrafone neben einer Bass-Balalaika, einer Laute und einem Hackbrett. Und dann ist da natürlich noch der Glasharfinist Igor Sklyarov. "Er war von Anfang an ein Wunschkandidat", erzählt Meyers. Wer ihn spielen hört, weiß warum.

Grande Finale von Public Art Munich: Staatsorchester von Ari Benjamin Meyers, musikalische Leitung: Nicholas Kok, Freitag, 27. Juli, 17 bis 21 Uhr, Neues Rathaus, Marienplatz

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: