Konzert:Eher gemütlich

Mark Knopfler verzichtet in München auf viele Hits

Von Martin Wittmann

Seine bekanntesten Lieder, etwa "Brothers in Arms" oder "What It Is", habe Mark Knopfler im Gepäck, hieß es in der Ankündigung seines Konzerts in München. Und als die Besucher am Sonntagabend gegen zehn Uhr aus der gut gefüllten Olympiahalle strömen, sprechen sie über diese Hits. Einer schwärmt zudem von "Telegraph Road", eine andere von "Walk of Life". Allein: ausgerechnet diese Klassiker fehlten zwischen Ankündigung und Rückschau - also beim Auftritt selbst. Knopflers jüngster Stop in München war also eines jener Konzerte, das die Zuhörer auf dem Heimweg nach seinem Potenzial bewerten: Wie gut es hätte sein können, welche Lieder also nicht zu hören waren.

Zwei Stunden vorher: Knopfler, 69, kommt mit zehn Musikern auf die Bühne, der britische Geschichtenerzähler spielt das mitreißende "Why Aye Man". Es handelt von jenen Engländern, die dem harten Thatcherismus nach Deutschland entflohen sind. Eine Zeile lautet "German beer is chemical-free", es dürfte der einzige englische Song der Musikhistorie sein, der das Reinheitsgebot feiert. Was die Zuhörer zu diesem Zeitpunkt nicht ahnen: In der Halle wird an diesem Abend noch das Bier ausgehen. Aber das ist ihre kleinere Sorge.

Knopfler spielt etliche Folk- und Blues-Nummern von seinen Soloplatten, seine Gitarre schafft es immer noch, der kompletten Halle eine Gänsehaut zu bescheren. Er spielt auch Lieder aus seiner Zeit bei den Dire Straits, dafür bekommt er Ovationen. Aber das Verhältnis ist erstens elf zu fünf, und weil er sich zweitens aus beiden Katalogen die eher gemütlichen Stücke herausgesucht hat, ist das alles arg zäh. Der Hilferuf eines Zuhörers um viertel nach neun ("Sultans of Swing!") bleibt unerhört.

Der Meister muss nicht mehr erhören. Auf der Bühne ist er ganz bei sich und seinen Profimusikern, einem Altherrenclub, der Diversität nur durch verschieden bunte 80er-Jahre-Hemden ausstrahlt. Knopfler liebt diese Männer, er stellt sie einzeln vor, der eine könne 20 gängige Instrumente spielen, der andere ein altes keltisches Ungetüm. Knopfler will kein Rockstar oder Wurlitzer mehr sein für die in jeglicher Hinsicht breite Masse, sondern einer der filigranen Nerds, die er so bewundert. Seine Setlist ist so angebotsorientiert wie Thatchers Wirtschaftspolitik. Wahrscheinlich hat keiner seiner heiligen Musiker an diesem Abend auch nur einen falschen Ton gespielt (und wenn, dann hätte er sich im berüchtigten Olympiahall versendet). Ein dreckiges Riff oder ein hingerotztes Solo aber hätte die Menschen selig gemacht.

"Money for Nothing" immerhin schenkt Knopfler dem Publikum. Und dass er ob der Liebe, die er da zurückbekommt, der Versuchung widersteht, noch so einen Knaller zu zünden, das ist schon wieder bewundernswert stur.

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