Konzert-Ausblick:Bernsteins Lieblingschor

Die Sänger des Bayerischen Rundfunks genießen Weltruf

Von Rita Argauer

Leonard Bernstein hatte keine Hemmungen, sich meinungsstark zu äußern. Und während er also die frisch erbaute Philharmonie im Gasteig mit einem lakonischen "burn it" abkanzelte, hattet er über eine zweite Münchner Institution nur Gutes zu berichten: Der Chor des Bayerischen Rundfunks sei sein "Lieblingschor in der ganzen Welt". Mehr als dieses Zitat braucht auch Hörfunkdirektor Martin Wagner zur Saisonvorstellung 2017/18 nicht, um diesen allerseits höchst beliebten Klangkörper zu loben.

Der BR-Chor ist seit 71 Jahren ein vielfältiges Epochen-Chamäleon, das Modernes, Zeitgenössisches, Barockes und Romantisches mit gleichbleibend hoher Qualität singt. Die aktuelle Saison, die erste unter dem neuen künstlerischen Leiter Howard Arman, läuft fabelhaft. Man blicke derzeit auf eine Auslastung von 98,5 Prozent und befinde sich in der "luxuriösen Ausgangssituation" weiterhin ein breitgestecktes Programm vor sicher kommenden "Fans" zu singen, wie es Chormanagerin Susanne Vongries ausdrückt.

Für die kommende Saison gab man sich das mehr strukturelle als künstlerische Motto, keine Dopplungen zur laufenden Spielzeit zu präsentieren. Also finden sich in der Abo-Reihe 2017/18 erstmals Werke von Scarlatti, Pizzetti, Salonen oder Verdi. Letzteren präsentiert Howard Arman in einer großen "Italienischen Nacht". Verdis Spätwerk "Quattro pezzi sacri" trifft dabei auf den späten Rossini und dessen "Stabat Mater" am 11. November, gemeinsam mit dem Rundfunkorchester. Die beiden Opernkomponisten, die sich am Ende ihres Schaffens der Kirchenmusik, und auch deren Tradition bei Bach, zuwandten, fungieren für Arman als Brückenschlag zu einen Bach-Projekt: Der Chor konnte zwar jüngst mit seiner CD-Veröffentlichung der Johannespassion in die Klassik-Charts einsteigen, hat aber bisher noch nie die Motteten Bachs aufgeführt. Ein "besonderer Moment" sei das nun für Arman, wenn der Chor mit vieren davon die neue Konzertsaison in München am 20. Oktober in der Herz-Jesu-Kirche eröffnen wird.

Abseits der neuen Werke setzt man jedoch auf Bewährtes, etwa eine Rückkehr von Peter Dijkstra als Gast mit einem Programm über die Liebe am 9. Dezember, oder mit dem Sonderprojekt "Christmas Classics", das Arman liebevoll als unerwartet groß gewordenes "Frankenstein-Monster" bezeichnet. Dafür schreibt der Dirigent und Komponist Arman Arrangements von Weihnachtsliedern aus aller Welt für seinen Chor. Diese Doppelfunktion seines künstlerischen Leiters schätzt der Chor, wie Chorvorstand Bernhard Schneider betont. Es ist auch etwas, das Arman mit Bernstein gemein hat. Der wiederum wäre im nächsten Jahr 100 Jahre alt geworden. Unter dem Dirigenten Klaas Stok gibt es im Mai 2018 ein Geburtstagsständchen für den einstigen großen Fürsprecher - mit Werken von Leonard Bernstein selbst, aber auch von anderen US-amerikanischen Komponisten wie Samuel Barber oder Charles Ives.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: