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Konzert:Alle Vöglein

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Die Weltmusiker von "Quadro Nuevo" und das Münchner Rundfunkorchester haben zusammen eine CD mit deutschen Volksliedern aufgenommen

Von Oliver Hochkeppel

Kaum eine Band ist weiter herumgekommen als Quadro Nuevo, musikalisch wie geografisch. Mit dem Titel "Grand Voyage" brachte ihr vor ein paar Jahren erschienenes Roadbook das Programm der vier Weltmusiker, des Holzbläsers Mulo Francel, des Bassisten und Perkussionisten D. D. Lowka, des Akkordeonisten Andreas Hinterseher und der Harfenistin Evelyn Huber auf den Punkt.

Von Italien und Südosteuropa über Asien bis nach Mexiko führte die musikalische Spurensuche nach den Volks- und Salonmusiken dieser Welt. Für ihr großes Tangoprojekt waren sie vor ein paar Jahren in Buenos Aires, für ihre Begegnung mit der arabischen Musik ("Flying Carpet") mit den Cairo Steps in Ägypten. In der großen Heimatsound-Welle stand Quadro Nuevo sozusagen für die musikalische Heimat der anderen. Zum ersten Mal hat sich der Blick jetzt nach innen gerichtet: Soeben ist bei Sony Classical das neue Album "Volkslied reloaded" erschienen, auf dem sich die vier zusammen mit dem Münchner Rundfunkorchester der heimischen Musiktradition widmen, von "Am Brunnen vor dem Tore" über "Maikäfer flieg" bis zu "Der Mond ist aufgegangen". Und an diesem Mittwoch fällt im Prinzregententheater der Startschuss für die Tour.

Das Schlüsselerlebnis für dieses neue Projekt trug sich auf dem Olymp zu, wie Mulo Francel erzählt. Man saß auf dem Gipfel des legendären griechischen Götterberges, als eine Gruppe von Italiener ankam und begann, italienische Lieder zu singen. Bald stimmten ein paar Griechen mit ihrem Liedgut ein. "Schließlich wandten sie sich an uns und meinten: ,Singt doch einmal etwas von euch!' Da standen wir dann ziemlich hilflos da. Meine kleine Tochter hat dann ,Ein Prosit der Gemütlichkeit' gesungen. Viel mehr fällt einem halt nicht ein. Da merkt man, wie schwer wir uns mit unseren Volksliedern tun, wie stark die bei uns belastet sind - historisch, gesellschaftlich wie musikalisch."

Sie sahen es als Herausforderung, die es anzunehmen galt. "Aber der Weg war steinig", sagt Francel, "wir mussten sehr darum kämpfen, einen neuen Blickwinkel für die scheinbar altbekannten Lieder zu finden und sie in unserem Sinne zu reformieren." Was aber dann doch erstaunlich frech und stimmig gelang: Aus "Kein schöner Land" wird da ein dahinwogender Bossa, aus "Hoch auf dem Gelben Wagen" eine stark synkopierte Swing-Nummer, "Die Gedanken sind frei" bekommt einen kräftigen Schuss Soul und Bombast, "Ich weiß nicht, was soll es bedeuten" wird zum Tango und ein Trinklieder-Medley zu Salon-Kabarett. Das alles unter der tatkräftigen Mithilfe des Münchner Rundfunkorchesters. "Wir hatten schon länger ein Thema für eine neue Zusammenarbeit gesucht", berichtet Francel. "Sich ganz neu mit Volksliedern zu beschäftigen, fanden sie sofort auch sehr interessant." Nicht zuletzt wollte man, so Francel weiter, unbedingt mit der österreichischen Dirigentin Elisabeth Fuchs arbeiten, der Chefdirigentin der Philharmonie Salzburg. "Wir hatten ja tolle Orchesterprojekte mit Enrique Ugarte, aber es war jetzt schön, einmal eine europäisch-klassischere und weiblichere Farbe zu bekommen."

Quadro Nuevo & Münchner Rundfunkorchester ; Mi., 8. Mai, 19.30 Uhr, Prinzregententheater; Do., 9. Mai, Gersthofen, 19.30 Uhr; Sa., 11. Mai, 20 Uhr, Fürstenfeldbruck.

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Quelle:
SZ vom 08.05.2019
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