München (dpa/lby) - Mit neuen Ideen wollen Dialektförderer in Bayern die Mundart stärken. Seit Jahren bemängeln sie einen Verlust an regionaler Sprachkompetenz. Passend zum Internationalen Tag der Muttersprache (21. Februar) richten der Förderverein Bairische Sprache und Dialekte (FBSD) aus München und der in Niederbayern ansässige Bund Bairische Sprache (BBS) Forderungen an die Politik.
Der FBSD und die Universität Salzburg wollen mit einem grenzübergreifenden Schulprojekt bei Kindern eine Zweisprachigkeit von Dialekt und Hochdeutsch fördern. Das Projekt soll auch zum Abbau von Vorurteilen gegenüber anderen sprachlichen Eigenarten beitragen, wie ein ausländischer Akzent bei Migranten oder Dialektfärbungen aus Nord- oder Ostdeutschland. „Uns geht es um eine Entstigmatisierung von Varietäten“, sagte Eugen Unterberger von der Uni Salzburg.
Drei Schulen im Landkreis Berchtesgadener Land, drei weitere im Landkreis Traunstein sowie sechs Schulen im Salzburger Land werden von Herbst an teilnehmen. Das Projekt sei auch deshalb grenzübergreifend angelegt, weil in der gesamten Gegend teils bis heute der gleiche Dialekt gesprochen werde. Das ganze Schuljahr über sollen Schüler spielerisch mit verschiedenen Ausdrucksarten umgehen, sich ausprobieren - und Vorurteile reflektieren.
Der Bund Bairische Sprache richtet sich auch an Kinder beziehungsweise deren Eltern. Der Bund wolle eine Dialekt-Initiative für Neugeborene starten, sagte Vorsitzender Sepp Obermeier. So sollten Eltern parallel zur Geburtsurkunde ihres Kindes eine Broschüre ausgehändigt bekommen, die „über die Vorteile der zweisprachigen Aufwachsens mit bodenständigem Dialekt und guter deutscher Literatursprache aufklärt“. Die Handreichung soll die Regionen Altbayern, Franken und Schwaben berücksichtigen.
Der BBS fordert den Städte- und Gemeindetag - gegebenenfalls gemeinsam mit der Staatsregierung - auf, eine entsprechende Initiative zu starten. Weite Teile der Gesellschaft seien von Vorbehalten gegenüber Dialekten geprägt und hielten sie für „provinzielle Gaudisprachen“, sagte Obermeier. Die Politik könne zu einem Bewusstseinswandel beitragen.
Auch Unterberger zufolge gelten Dialektsprecher noch immer als zwar gemütlich, aber auch etwas bäuerlich und weniger gebildet. Hochdeutschsprecher hingegen halte man eher für gebildet, dafür aber für etwas hochnäsiger. „Wir wollen das im schulischen Kontext kritisch thematisieren“, sagte der Germanist. „Es ist nicht so, dass Dialekt eine minderwertige Form des Deutschen ist. Es ist eher so, dass die Standardsprache, das Hochdeutsche, etwas Konstruiertes ist. Es ist linguistisch nicht richtig, dass ein Dialekt eingeschränkt ist in seinen Ausdrucksmöglichkeiten.“