Kommentar:Wählen, was reich macht

Illu Vahabzadeh

Die erfolgreichsten Filme Hollywoods geißeln Diskriminierung. Da passt Trump schlecht dazu. Und doch hat er viele Unterstützer im Filmgeschäft. Warum?

Von Susan Vahabzadeh

Die amerikanische Filmbranche gilt als Hochburg der demokratischen Partei, den Ruf haben sich die Libertins von Hollywood über Jahrzehnte schwer erfeiert und gerade in Cannes verteidigt. Niemals, sagte dort George Clooney, werde Donald Trump Präsident. Clooney ist einer der wichtigsten Unterstützer von Hillary Clinton in der Filmbranche. Im April lud er zu einem Spendensammel-Abendessen für die demokratische Anwärterin, die vorher noch bei Steven Spielberg zu Gast war. Vor Clooneys Veranstaltung demonstrierte die einzige andere sichtbare Fraktion in Hollywood - die der Bernie-Sanders-Befürworter. Dessen lauteste Fürsprecher sind Mark Ruffalo und Susan Sarandon. Der Produzent und Drehbuchautor Norman Lear rief dazu auf, die Branche möge sich endlich hinter Clinton einen, weil das der einzige Weg sei, um amerikanische Werte wie Chancengleichheit und gleiches Recht für alle zu bewahren.

Jetzt muss man dem Hollywood-Liberalismus nicht blind vertrauen - denn spätestens seit der "Oscars so white"-Debatte Anfang des Jahres, als moniert wurde, dass wieder mal fast alle Nominierten weiße Männer waren, seit den Ermittlungen wegen der Auswahl von Regisseuren für große Studioproduktionen und den Enthüllungen über den Graben, der sich zwischen den Gagen für männliche und weibliche Stars auftut, ist klar: Ein großer Teil von Hollywood nimmt das mit der Chancengleichheit nur in der Theorie ernst. Einräumen würde das allerdings niemand.

Oder öffentlich zugeben, dass es für Schwerreiche das Wichtigste an einer Partei ist, dass sie die Steuern für Schwerreiche nicht erhöht. Dafür wären dann die Republikaner zuständig - und die gibt es selbstverständlich in der Filmindustrie. Wenn man von Clint Eastwood absieht, der sich derzeit eher bedeckt hält, gibt es allerdings nicht viele, die öffentlich zu ihrer Unterstützung stehen. Es gibt sogar eine Organisation der konservativen Hollywoodianer, die "Friends of Abe", 2004 von Gary Sinise ("CSI: New York") gegründet. Die FOA halten ihre Mitgliederliste streng geheim. Mehr als zweitausend sollen es sein. Einige der Big Player in Hollywood sind schließlich Traditionsdemokraten, außer Spielberg auch Jeffrey Katzenberg, Haim Saban und Disney-Chef Bob Iger. Und einige der größten Stars, Leonardo DiCaprio und Jennifer Lawrence etwa. Vor fast jeder Wahl beklagt sich einer der "Friends of Abe", meist anonym, in den Branchenblättern, man dürfe sich in Hollywood nicht offen zu den Republikanern bekennen. Was ja in einer Demokratie auch ein eher bizarrer Zustand ist. Und doch nicht verwunderlich: Das Kino, das in Hollywood produziert wird und auf das man dort stolz ist, von "E. T." über "Avatar" bis zu den "X-Men"-Filmen, geißelt gebetsmühlenartig Diskriminierung. Da ist ein Kandidat wie Trump, der sich gerne einmauern will, so schwer vermittelbar wie der letzte Bewerber, der sich ihm noch entgegenstellte, Ted Cruz, der so gläubig ist, dass er an die Schöpfung glaubt, aber nicht an den Klimawandel.

Und dann gibt es da noch ein Problem: In Hollywood glaubt man, Trump könnte sich als Exportbremse erweisen, würde er Präsident. Er hat bestehende Handelsverträge mit dem Ausland mehrmals als Wahnsinn oder Unfug bezeichnet. Nur in begrenzter Zahl werden amerikanische Blockbuster in China zugelassen - und sie rechnen sich nicht mehr, sollten sie dort, auf dem zweitwichtigsten Markt der Welt, nicht laufen dürfen. Ein Währungskrieg, der den Export nach Europa behindert, wäre auch ein Desaster. Und Profiteinbrüche fürchtet Hollywood noch viel, viel mehr als Werteverfall.

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