Tiziano Terzani, 1938 in Florenz geboren, war viele Jahre lang, bis Ende der Neunziger, Asienkorrespondent des Spiegel. Auf Fotos im Internet kann man ihn älter werden sehen. Ein großer stattlicher Mann mit Schnurrbart und heller Kleidung, der etwas von einem Abenteurer hat, nimmt da mit den Jahren das Aussehen eines Weisen an. Wie aus dem Bilderbuch, mit grauem Rauschebart und klugen warmen Augen.
1997 wurde bei ihm Krebs entdeckt. Er begab sich in die Hände der besten Schulmediziner, die er ausfindig machen konnte und unterzog sich in New York einer Chemotherapie. Dies war der Beginn einer Reise. Denn er warf seinen Reportermodus an und begab sich auf eine ausgedehnte Recherche über Möglichkeiten zur Heilung, die er am eigenen Körper ausprobierte. Dabei war er in Wahrheit vielleicht weniger auf der Suche nach Antworten als nach den richtigen Fragen. Entweder hatten ihn die vielen Jahre in Asien der Vorstellung geöffnet, dass es mehr Dinge zwischen Himmel und Erde gibt als unser westlich ausgebildeter Verstand für möglich hält. Oder es war genau andersherum gewesen, und sein offener Geist hatte ihn überhaupt erst nach Asien geführt.
Zuletzt zog er sich in ein kleines Haus irgendwo im Himalaya zurück
Körperlich geschwächt durch die Chemotherapie jedenfalls zog es ihn nun wieder in diesen Kontinent, wo er der Reihe nach alle möglichen Methoden und Heilsversprechen ausprobierte, von Homöopathie über Reiki, von Yoga bis Ayurveda. Zuletzt zog er sich in ein kleines Haus irgendwo im Himalaya zurück, sah den Wolken zu, meditierte. Gestorben ist er 2004 in Italien. Aber er starb, wenn man so sagen kann, als Gewinner. Der Krebs war zurückgekommen, und zwar heftiger als vorher, wie ihm schließlich, erneut in New York, Ärzte mitteilten. Würde er sich nicht einer nochmaligen Chemotherapie unterziehen, hätte er höchstens noch ein Jahr. Er entschied sich gegen diese Therapie.
In seinem posthum erschienenen Buch "Noch eine Runde auf dem Karussell" stehen die Erkenntnisse, die er auf seiner Reise gegen den Tod gewann, die zu einer Reise mit dem Tod wurde. Dass selbst die schwachsinnigsten Scharlatanerie-Kuren noch Gutes bewirken. Dass man nicht alles verstehen kann. Aber vor allem: Dass es kein Drama sein muss, zu sterben.
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