Kolumne "Nichts Neues":Erschreckend gut

Kolumne "Nichts Neues": Natur, nicht unbedingt von ihrer freundlichsten Seite: Die Anfangsszene in "Der Pass".

Natur, nicht unbedingt von ihrer freundlichsten Seite: Die Anfangsszene in "Der Pass".

(Foto: Sky)

Lieben Sie BRAAAM? Die so volle wie unheilvolle Dröhnung gibt es in der Serie "Der Pass".

Von Johanna Adorján

Man stelle sich ein winterliches Alpenpanorama vor. Berge. Schnee. Nadelbäume. Mächtig und leinwandfüllend. Nichts als Natur.

Und jetzt stelle man sich ein unfassbar tiefes Dröhnen vor, das die davor herrschende Stille unterbricht. Nicht ein Horn, sondern viele Hörner, die alle den tiefsten Ton spielen, den man sich vorstellen kann -und diesen Ton dann noch mal eine Oktave tiefer. Nach etwa drei Sekunden verklingt das Geräusch. Es herrscht wieder Stille. Und dann ertönt es noch mal, dieses allerdunkelste vorstellbare Dröhnen vor dieser Winterlandschaft, in der man auf einmal nicht mehr Schönheit sieht, sondern nur noch die Gefahr, die darunter liegt, denn in diesem Ton schlummert das Böse, und es hat sich gerade bewegt.

Konditioniert auf düstere Vorahnungen

So etwa ist die Stimmung in der Serie "Der Pass" (2019), die in acht grandiosen Folgen zeigt, dass sich die idyllische Landschaft des bayerisch-österreichischen Grenzgebiets erschreckend gut als Schauplatz grausamster Verbrechen eignet.

Sie hat so viele Preise bekommen, dass es müßig erscheint, sie hier nochmals zu loben, zumal man auch gar nicht wüsste, womit man anfangen soll. Mit der psychologisch feinen Inszenierung der Regisseure Philipp Stennert und Cyrill Boss, die auch die Drehbücher geschrieben haben? Mit den Schauspielern, allen voran Julia Jentsch und Nicholas Ofczarek als Ermittlern, an deren Spiel man sich nicht sattsehen kann? Mit den Bildern des Kameramanns Philip Peschlow - düsteren Tableaus, deren perfekte Ästhetik sich aber nie in der Vordergrund spielt. Oder der Musik, an der unter anderem der Filmkomponist Hans Zimmer mitgewirkt hat. Er gilt als hauptverantwortlich dafür, dass heute dieses eingangs beschriebene unheilvolle Dröhnen, das offiziell übrigens lautmalerisch als "BRAAAM" bezeichnet wird, den Score nahezu jedes Thrillers durchstanzt. Zuerst setzte Zimmer es in "Inception" (2010) ein - inzwischen ist man so konditioniert auf diesen Klang einer düsteren Vorahnung, dass man wohl selbst, wenn man dazu nur lustige Katzenvideos gezeigt bekäme, in höchste Alarmbereitschaft versetzt wäre. In wenigen Wochen kommt die zweite Staffel von "Der Pass". Angst. Vorfreude.

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