Süddeutsche Zeitung

Klimawandel:Gletschergrabstein

"Diese Tafel will daran erinnern, dass wir sehr wohl wissen, was gerade geschieht": Forscher setzen dem OK Glacier in Island ein Denkmal. Der Gletscher ist durch den Klimawandel unwiederbringlich dahingeschmolzen.

Von Bernd Graff

Wissenschaftler der Rice University in Houston, Texas, haben am Wochenende eine Gedenktafel vorgestellt, die sie Mitte nächsten Monats in Island an der Stelle errichten werden, an der sich zuvor der OK Glacier befand. Er gilt als der erste Gletscher des Inselstaates, der unwiederbringlich dem Klimawandel zum Opfer fiel.

Der verschwundene Okjökull im westlichen Borgarfjörður werde, so die Forscher, nur der erste von etwa 400 Gletschern sein, den der Klimawandel bis 2200 endgültig dahinschmelzen lässt. Die Gedenktafel ist darum als "Brief an die Zukunft" verfasst und enthält auf Isländisch wie Englisch eine betrübliche Botschaft an künftige Generationen: "OK ist der erste isländische Gletscher, der seinen Status für immer verloren hat. In den nächsten 200 Jahren werden alle unsere Gletscher wohl genauso verschwunden sein wie er. Diese Tafel will daran erinnern, dass wir sehr wohl wissen, was gerade geschieht, und ebenfalls, was eigentlich dagegen getan werden muss. Nur ihr werdet wissen, ob wir das auch getan haben."

Unter dem Datum vom August 2019 - die Tafel wird nächsten Monat in Island enthüllt - ist mit "415 ppm CO₂" der im Mai des Jahres gemessene, gegenwärtige Kohlendioxid-Wert in der Atmosphäre verzeichnet, der höchste seit 800 000 Jahren.

"Mit dieser Tafel", so Cymene Howe, eine der Urheberinnen der Gedenktafel, "wollen wir daran erinnern, dass es nur an uns liegt, dem fortschreitenden Klimawandel zu begegnen. Für OK ist es zu spät, seine Reste sind nur noch ,totes Eis'."

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Quelle:
SZ vom 23.07.2019
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