Klaus Michael Grüber gestorben:Der winterliche Olympionike

Der deutsche Regisseur Klaus Michael Grüber ist nach schwerer Krankheit im Alter von 67 Jahren in Frankreich gestorben. Sein Name ist untrennbar mit der "Winterreise" nach Hölderlins "Hyperion" verbunden, die er im nächtlichen Berliner Olympiastadion zur Aufführung brachte.

Der Theaterregisseur Klaus Michael Grüber ist tot. Er starb in der Nacht zum Montag auf der bretonischen Insel Belle-Ile-en-Mer im Westen Frankreichs.

Klaus Michael Grüber gestorben: Setzte Zeichen für das deutsche Theater: der verstorbene Regisseur Klaus Michael Grüber.

Setzte Zeichen für das deutsche Theater: der verstorbene Regisseur Klaus Michael Grüber.

(Foto: Foto: dpa)

Grüber wurde 67 Jahre alt. Er gehörte zu den bedeutendsten Theater- und Opernregisseuren an europäischen Bühnen.

Der Theatermacher war einer der wenigen unter den "jungen wilden" deutschsprachigen Regisseuren der 70er und 80er Jahre, die auch internationale Beachtung fanden.

Erst in der vergangenen Woche hatten die Salzburger Festspiele mitgeteilt, dass Grüber die Regiearbeit an Salvatore Sciarrinos Oper "Luci Mie Traditrici" in der Salzburger Kollegienkirche abbrechen musste.

Sein Name ist untrennbar mit der Berliner Schaubühne und Peter Stein verbunden, mit dem Grüber eng zusammenarbeitete und den Stein sehr verehrte.

Der leise Revolutionär

Theatergeschichte haben Grübers unvergessliche Inszenierungen wie die der "Bakchen" von Euripides 1974 in der Schaubühne und vor allem der "Winterreise" nach Hölderlins "Hyperion" 1977 im Berliner Olympiastadion geschrieben, die Kultstatus in der Theaterwelt erlangte.

Aufsehen erregte auch seine zu Goethes 150. Todestag am 22. März 1982 radikal gekürzte "Faust"-Inszenierung an der Freien Volksbühne in Berlin von Kurt Hübner mit Bernhard Minetti in der Titelrolle.

Der am 4. Juni 1941 im schwäbischen Neckarelz geborene Grüber studierte an der Schauspielschule in Stuttgart und assistierte später mehrere Jahre bei Giorgio Strehler und Paolo Grassi in Mailand. Sein Regiedebüt gab Grüber 1967 am Piccolo Teatro mit Brecht/Seghers "Der Prozess der Jeanne d'Arc zu Rouen".

Karge und verstörende Interpretationen

Ebenfalls 1967 inszenierte Grüber erstmals in Deutschland, als er in Freiburg Goldonis "Impresario von Smyrna" auf die Bühne stellte. 1969 holte ihn Kurt Hübner nach Bremen, wo Grüber schon in jungen Jahren unter anderem mit Shakespeares "Sturm" ein Stück Theatergeschichte mitschrieb.

Seit 1973 arbeitete Grüber hauptsächlich an der Berliner Schaubühne und überzeugte hier wie an anderen renommierten Theatern mit seinen kargen und verstörenden Interpretationen in einer eigenwilligen Bildersprache.

Der als scheu und ausdrucksstark beschriebene Regisseur mit Vorliebe für den genauen Umgang mit der Sprache und der Klarheit der Bewegungen galt in Berlin als Antipode von Peter Stein. Beide zusammen schufen jene Spannung, welche die Theaterarbeit der Schaubühne weltweit bekannt machte.

Eigenwillige Inszenierung

Grüber war auch für seine Zusammenarbeit mit berühmten Schauspielern bekannt. Zu ihnen gehörten Bruno Ganz, mit dem er 1982 an der Schaubühne Shakespeares "Hamlet" inszenierte, sowie Jutta Lampe, Otto Sander, Angela Winkler und Udo Samel.

Mehrfach wurde Grüber für seine erfolgreiche Regiearbeit ausgezeichnet. So erhielt er den Premio ubu der italienischen Theaterkritiker sogar zwei Mal (1983 und 1987). Der Preis des Internationalen Theater-Instituts wurde ihm 1985 zugesprochen.

1995 folgten der Kortner-Preis und 2000 der Konrad-Wolf-Preis der Akademie der Künste Berlin-Brandenburg. "Mehr der inneren als der äußeren Handlung zugewandt inszeniert Grüber durch eigenwillige hochintensive Inszenierungen von oft großer Kargheit, die auf stille Weise experimentell und radikal sind", war die Begründung der Akademie.

"Einer der Allergrößten"

In der Nacht zum Montag erlag Grüber einem Krebsleiden. Mit ihm hat das deutschsprachige Theater einen bedeutenden Regisseur des späten 20. Jahrhhunderts verloren. Der Musik-Chef der Salzburger Festspiele, Markus Hinterhäuser, würdigte den gestorbenen Regisseur als "einen der Allergrößten, die das Theater in den vergangenen Jahrzehnten hervorgebracht hat".

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