Konzert im Herkulessaal:In höchster Lebendigkeit debattiert

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Der Geiger Frank Peter Zimmermann und der Dirigent Klaus Mäkelä brillieren beim BR-Symphonieorchester.

Von Harald Eggebrecht

Manchmal kann ein groß besetztes Orchester mit Fortissimo-Wucht, dröhnenden Bässen, schmetternden Blechbläsern, Paukengewittern und Beckenschlägen durchaus Furcht einjagen - zumindest so weit, wie vom jeweiligen Komponisten gefordert. Leider gibt es aber auch eine ungute Art des biederen Vor-sich-Hinspielens, bei dem ein schwerfüßiger, klumpiger bis grober Gesamtklangeindruck entsteht, der mehr mit Dauermezzoforte und Lärm zu tun hat als mit Musik.

An diesem Abend im Münchner Herkulessaal war zum Glück von solchen Beschwernissen nichts zu erleben. Zum einen, weil der blutjunge finnische Wunderdirigent Klaus Mäkelä das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks bei Gustav Mahlers 4. Symphonie in keiner Sekunde ins Falsch-Schwere absinken ließ. Und zum anderen, weil der große Frank Peter Zimmermann auf der Geige bei Béla Bartóks zweiter Rhapsodie und bei Bohuslav Martinůs Suite concertante auch kniffligste Virtuosität ebenso leichtfüßig absolvierte wie er in lyrischen Kantilenen nie ins Klebrig-Breite geriet.

Die Aria zart und melancholisch, das Scherzo ein blitzendes Geigenfechtstück

Beide Stücke werden leider selten geboten, dabei sind sie brillant attraktiv. Das Publikum jedenfalls jauchzte entzückt auf, als Zimmermann die rhythmischen Finessen, die Doppelgriffkaskaden, Springbogenvarianten, Flageolet-Spitzen und Pizzikato-Witze so vital wie klangbewusst in den Saal warf.

Bei Bartóks Rhapsodie von 1928 geht es bei aller Equilibristik zugleich bodenständig zu. Da werden Volkstänze angedeutet, raffiniert verflochten und mit dem Orchester vielfarbig im Dialog entwickelt. Mäkelä sorgte dafür, dass die Frage-und-Antwortspiele zwischen Solist und Ensemble so federnd und durchhörbar gelangen wie von Bartók konzipiert. Bei allem Vergnügen klingen in diesem reichhaltigen Virtuosenstück auch jene Herbheiten durch, die Bartóks Musik ihre Vielgestaltigkeit und verschiedenen Empfindungsebenen geben.

Martinůs für den russischen Geiger Samuel Dushkin 1938/ 39 geschriebene Suite concertante ist ein veritables viersätziges Konzert, bei dem neben der ureigenen Klangfantasie Strawinsky-Assoziationen ebenso dazugehören wie die Vorliebe für barocke Formkunst. Wie Zimmermann die Anfangs-Toccata so unerbittlich wie tonschön skandierte, die Aria zart und melancholisch aussang, das Scherzo zu einem blitzenden Geigenfechtstück machte und im Schlussrondo noch einmal mit dem Orchester in höchster Lebendigkeit debattierte - es war die reine Freude. Dem brausenden Beifall dankte der Künstler mit dem Adagio aus Johann Sebastian Bachs C-Dur-Solosonate. Im Saal war's mucksmäuschenstill.

Einen theatralischen Effekt brachte das plötzliche Erscheinen der Sopranistin Anna Lucia Richter

Mahlers 4. Symphonie dirigierte Klaus Mäkelä leichthändig, reaktionsschnell und präsent. Keine Wichtigtuereien störten die Leichtigkeit des Orchesterklangs. Mäkelä ist von Haus aus erfolgreicher Cellist, so wusste er mit den Streichern wunderbar viel anzufangen. Wer den langsamen Satz so behutsam im leisesten Pianissimo beginnen, in aller Ruhe den Streicherchorus aufbauen kann ohne jede Gewaltgeste und so organisch ohne falsche Impulse zu steigern versteht, der ist ein Dirigent von hohen Graden.

Konzertmeister Radoslaw Szulc bot im zweiten Satz einen bös aufspielenden Gevatter Tod in all die vermeintlichen Ländlerseligkeiten hinein. Einen echt theatralischen Effekt setzte die Aufführung mit dem plötzlichen Erscheinen der Sopranistin Anna Lucia Richter auf dem gleißenden E-Dur-Rausch am Ende des langsamen Satzes. Als die Sängerin ihr Sopransolo von den himmlischen Freuden sanft strahlend abschloss, endete das orchestrale Nachspiel so zart, dass danach eine lange Pause der Ergriffenheit entstand. Dann Ovationen für Klaus Mäkelä und das Orchester.

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