Klassik:Michelangelo Galilei

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(Foto: Repro: SZ)

Von Harald Eggebrecht

Unbeschadet all jener Härten und Grausamkeiten, die Kriegswirren, Hunger und Krankheiten in alten Zeiten über die Menschen brachten - von heute soll für einen Moment lang nicht geredet werden -, gab es Dichtung, Kunst und Musik höchster Qualität. Man höre nur in die Lautenstücke aus dem 1620 in München erschienenen "Il primo libro d'intavolatura di Liuto" des 1575 in Florenz geborenen Michelangelo Galilei hinein, des jüngeren Bruders vom weltbedeutenden Astronomen Galileo. Beider Vater war der renommierte Musiktheoretiker Vincenzo Galilei.

Das ist eine so raffinierte wie im besten Sinne unterhaltsame Musik, Sonaten aus kunstvollen Tänzen wie etwa Corrente, Saltarello, Volta, Gagliarda und jeweils zu Beginn einer ausdrucksvoll langsamen Toccata. Da schimmert schon die spätere barocke Suite durch.

Michelangelo Galilei galt als Wunderknabe auf der Laute, dessen Ruhm bis über die Alpen wuchs. Mit 18 Jahren ging er nach Polen, womöglich auf Einladung der Adelsfamilie Radziwiłł. Dort blieb er mit Unterbrechungen bis 1607. Danach näherte er sich wieder den Alpen bis nach München, wo er in die Hofkapelle des Kurfürsten Maximilian I. eintrat. Bleiben wollte Michelangelo allerdings nicht, er versuchte wiederholt, nach Florenz in die Dienste des Großherzogs der Toskana zu gelangen - vergeblich. Immerhin hielt er Kontakt zu seinem berühmten Bruder, an dessen Forschungen der bayerische Kurfürst interessiert war. Michelangelo sorgte dafür, dass Mitglieder der Wittelsbacher von Galileo fabrizierte Fernrohre in die Hände bekamen.

Von 1620 an nahm das Interesse an Lautenmusik ab, Michelangelo geriet in Schwierigkeiten. Er konnte seine Kunst nicht mehr so repräsentativ bieten, wie er es wollte. 1631 starb er, die letzten Jahre waren von Familienzwist, Depression und Alkohol überschattet.

Der großartige, viel gerühmte Lautenist Axel Wolf hat nun Michelangelos Musik aufgenommen (Oehms Classics). Ihre elegante und anspruchsvolle Virtuosität, poetische Noblesse, ihren Schwung und ihre Beredtheit breitet er so konzentriert und geschmeidig parlierend aus, dass man sich nicht satt hören mag.

© SZ vom 18.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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