Klassik:Mal nervös, mal gelassen

Die Preisträger des ARD-Musikwettbewerbs geben im Herkulessaal ihr letztes Konzert

Von Barbara Doll

Freudig ist die Stimmung beim dritten und letzten Preisträgerkonzert des 68. Internationalen ARD-Wettbewerbs im Herkulessaal. Nicht nur die Kandidaten, auch die Organisatoren haben den alljährlichen Trubel überstanden und dürfen nun die Ernte einfahren. Dass dies kein Wertungskonzert mehr ist, heißt nicht, dass die Preisträger jegliche Anspannung hinter sich gelassen haben. Schließlich musizieren sie mit dem von vielen Teilnehmern vergötterten Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks.

Dem Klarinettisten Joë Christophe, ausgezeichnet mit dem ersten Preis, dem Sonderpreis für die beste Interpretation der Auftragskomposition sowie fünf weiteren Sonderpreisen, ist die Aufregung anfangs deutlich anzumerken. Zudem legt die Dirigentin Eun Sun Kim in Carl Maria von Webers f-Moll-Klarinettenkonzert ein knackiges Tempo vor, das Christophe bei manchen Läufen an die Grenze bringt. Doch von Satz zu Satz spielt er gelöster und kann sich mit seinem brillanten, manchmal schneidend klaren Ton hervorragend gegenüber dem Orchester behaupten. Lyrisches Einfühlungsvermögen zeigt er im Adagio mit ruhig ausgesungenen Phrasen. Im ausgelassenen dritten Satz drängt er kraftvoll voran, bleibt im Ton aber stets elegant, ohne ins Derbe abzurutschen.

Deutlich gelassener als im Finale betritt der Fagottist Andrea Cellacchi das Podium, der den zweiten Preis (ein erster wurde nicht vergeben) und ebenfalls den Sonderpreis für die beste Interpretation des Auftragswerks erhalten hat. In Mozarts frühem Fagott-Konzert zeigen sich wieder sein Gespür für sprechende Phrasierung und sein feiner, warmer Ton - besonders im heiter und beseelt gespielten Andante, bei dem ihn das BR-Symphonieorchester unter Eun Sun Kim in schnörkellosen Wohlklang hüllt.

Haruma Sato, erster Preis und drei weitere Sonderpreise, spielt wie schon im Finale das fordernde zweite Cellokonzert von Schostakowitsch. Er versenkt sich mit geschlossenen Augen ins Innere und formuliert seinen Solopart als echte Stimme der Bedrängnis. Rau und klar ist seine Tonsprache; an manchen Stellen wünscht man sie sich allerdings noch farbenreicher, schärfer. Verlorenheit, vergebliches Aufbegehren und Verwirrung des Individuums werden auf beklemmende Weise hörbar. Sato orientiert sich mehr nach innen als Richtung Orchester, überzeugt aber mit ehrlicher Empfindung und Courage.

Durch drei Kontinente spielt sich Kai Strobel, Gewinner des ersten Preises und des Publikumspreises, in Avner Dormans effektreichem Schlagzeugkonzert "Frozen In Time". Das gelingt Strobel hervorragend, er spielt so lässig wie pointiert: mit harter Wucht und rhythmischer Prägnanz in "Indoafrica", mit zarten, traumverlorenen Klängen in "Eurasia". Der Finalsatz "The Americas" wird zum brodelnden Rausschmeißer eines kurzweiligen Konzerts, anekdotenreich moderiert von Maximilian Maier.

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