Klassik:Leben nach Noten

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Musikalische Geschwister: die Hornistin Milena Viotti und der Dirigent Lorenzo Viotti. (Foto: Wilfried Hösl)

Lorenzo Viotti dirigiert erstmals an der Bayerischen Staatsoper, wo seine Schwester Milena seit Jahren als Hornistin tätig ist

Von Klaus Kalchschmid

Wahrlich eine musikalische Familie: der Vater Marcello Viotti ein hochgeschätzter Dirigent, die Mutter Marie-Laure Geigerin, dazu vier musikalische Kinder. Sohn Lorenzo wurde ebenfalls Dirigent; Milena spielt seit zehn Jahren Horn im Bayerischen Staatsorchester; Alessandro lernte das gleiche Instrument und ist an der Oper in Lyon tätig; Marina singt Mezzosopran, war am Nationaltheater in "Rigoletto" zu erleben und ist an der Mailänder Scala engagiert. Lorenzo dirigiert nun erstmals ein Akademiekonzert an der Staatsoper, an der seine Schwester Milena beschäftigt ist.

Lorenzo war 14, als der Vater, Chefdirigent des Münchner Rundfunkorchesters, 2005 mit nur 50 Jahren starb, Milena war 16. Beide können sich kaum an den Vater als Dirigenten erinnern, aber Lorenzo versichert: "Ich bin sehr stolz, sein Sohn zu sein, denn ich erinnere mich an einen ungemein generösen Menschen." Im Alter von 9 bis 19 studierte Lorenzo Viotti Schlagzeug und schaffte es bis zum Engagement bei den Wiener Philharmonikern, dann kamen Gesang, Klavier und Dirigieren dazu: "Es war immer die Idee, zu dirigieren, aber mein Weg war nicht das Konservatorium, da hat man mich zweimal rausgeschmissen, sondern im Orchester zu spielen, im Chor zu singen, im Archiv zu arbeiten. Ich habe sogar versucht, Bratsche zu lernen, und wenn Georges Prêtre in Wien geprobt hat, musste ich einfach dabei sein, um von ihm zu lernen."

In den vergangenen zehn Jahren ist Viotti dann zum Mann und Musiker gereift, nicht zuletzt indem er Fehler machte. Heute kann er mit seinen wachen, selbstbewusst fordernden, aber auch Offenheit und Verletzlichkeit ausstrahlenden Augen vor einem großen Orchester stehen, und man nimmt ihn sofort ernst. Mit ebenso fester wie weicher Stimme versichert er auf Deutsch mit feinem französischen Akzent: "Ich habe keine Angst, wenn ich vor einem Orchester stehe, denn es gibt immer Eifersucht oder Menschen, die mich nicht mögen, aber ich bin nicht konfliktscheu und stets Kämpfer - nicht für mich, sondern für die Musik, darum mache ich diesen Beruf." Und er gesteht, nicht ohne zu erwähnen, wie schwierig das Vater-Sohn-Verhältnis bei Erich und Carlos Kleiber oder Armin und Philippe Jordan war: "Ich wäre als Dirigent heute nicht da, wo ich bin, wenn mein Vater noch leben würde, aber ich fühle eine tiefe, innere Notwendigkeit, diesen Beruf auszuüben."

Auch Milena wusste schon bald, was sie musikalisch wollte: "Seit ich vier Jahre alt bin, war mir klar, dass es das Horn sein muss. Es ist einfach das schönste, das sensibelste, das vielseitigste Blasinstrument. Es kann so unterschiedliche Klänge erzeugen, ganz weiche, aber auch kraftvolle, furchterregende." Als sie vor ein paar Jahren das berühmte Hornsolo in Tschaikowskys Fünfter spielte, webte ihr der Bruder mit der European Philharmonic of Switzerland einen so feinen Pianissimo-Teppich, dass sie darauf schweben konnte.

Lorenzo Viotti dirigiert nun das Bayerische Staatsorchester im Nationaltheater. Das düstere, russische Programm umfasst Schnittkes Violinkonzert und die zehnte Symphonie von Dmitri Schostakowitsch. Milena Viotti spielt mit zehn Kollegen der "Munich Opera Horns" am 16. Februar (11 Uhr) in der Allerheiligen Hofkirche ein Konzert mit Werken von Mozart und Wagner sowie eine Suite aus Strauss' "Daphne"

4. Akademiekonzert , Nationaltheater, Montag, 10., und Dienstag, 11. Februar, je 20 Uhr

© SZ vom 10.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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