Süddeutsche Zeitung

Klassik:Espace Carmen

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Das Haus, in dem Georges Bizet seine berühmte Oper schrieb, soll verkauft werden. Jetzt wird das Ganze wohl zu einem europäischen Musikzentrum.

Von Joseph Hanimann

In dem schmal aus den Bäumen emporragenden Haus mit Blick auf die träg fließende Seine schrieb Georges Bizet 1874 seine "Carmen". Ein Jahr später starb er auch darin. Das Haus in Bougival westlich von Paris hat sich seither kaum verändert. 1982 kaufte ein Musikliebhaber das Anwesen für seine Familie. Trotz der sieben Kinder wurde das Sterbezimmer des Komponisten nicht angerührt und blieb unbewohnt. Jedes Jahr ließ die Hausgemeinde dort in der Sterbenacht vom 2. auf den 3. Juni "Carmen" abspielen.

Als im vergangenen Jahr bekannt wurde, dass die Erben das Haus verkaufen, kam Bewegung in das auch durch die impressionistischen Maler bekannte Städtchen. Der Bürgermeister und der Verein "Freunde von Georges Bizet" starteten einen Spendenaufruf und lancierten das Projekt eines "Centre Européen de Musique". Aktiv vorangetrieben wird das Projekt des Bizet-Hauses vom Bariton Jorge Chaminé. Die Opernsängerin Teresa Berganza und die von Placido Domingo geleitete Organisation "Europa Nostra" unterstützten es.

Der Ankauf sei gesichert, ist nun zu hören, gut eine Million Euro dafür seien schon beisammen. Die gegenwärtigen Besitzer sind zu finanziellen Abstrichen bereit für eine würdige Übernahme. Weiter gesammelt wird für Renovierung und Umbau des Gebäudes. Das Département Yvelines beteiligt sich ebenfalls am Projekt des Europäischen Musikzentrums, das fortan den Namen "Espace Carmen" trägt und bis 2022 fertig sein soll. Neben der Einbeziehung der Villa Pauline Viardot sowie anderer Gebäude in der Umgebung für eine Künstlerresidenz, eine Forschungsstätte und ein Archiv, ist auch ein Neubau vorgesehen für Konzerte und Musikaufnahmen. Die Rettung des nicht denkmalgeschützten Bizet-Hauses vor Verunstaltung durch möglicherweise kulturell unbedarfte Käufer entzückt die Pariser Musikwelt. Bleibt zu hoffen, dass der dreigeschossigen Idylle auf dem schmalen Uferstreifen an der Seine die neuen Ambitionen nicht über den Kopf wachsen.

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Quelle:
SZ vom 13.01.2018
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