Klassik:Die Frau im Mann

Arien-CD mit Hosenrollen von Anna Bonitatibus

Von Klaus Kalchschmid

Die italienische Mezzosopranistin Anna Bonitatibus ist in München wohlbekannt: Immer wieder war sie von 2002 an vor allem in Neuproduktionen an der Bayerischen Staatsoper zu erleben: als düster raunende Messagiera und hell strahlende Proserpina in Claudio Monteverdis "Orfeo", als Minerva in "Il ritorno d'Ulisse in Patria", mit Mozart ("Mitridate", "Figaro") und in großen Rossini-Partien wie Rosina im "Barbiere" oder der Titelrolle von "La Cenerentola". Auf ihrer neuen CD mit dem Titel "En travesti", die ausschließlich verschiedenen Hosenrollen aus 300 Jahren Oper gewidmet ist, Vätern wie Söhnen, ganz jungen wie schon reifen Liebhabern, beginnt Bonitatibus virtuos mit Barock: Nach Händels Radamisto folgt die große Szene des Farnace aus der gleichnamigen Vivaldi-Oper, der mit klamm gehauchter, fahler Stimme den von ihm verschuldeten Tod seines Sohns beklagt.

Bonitatibus singt aber auch das "Voi che sapete" des in alle Frauen verliebten blutjungen Cherubino mit zauberhaft verspielten Verzierungen, ist ein virtuos ausgereizter Orpheus in der Berlioz-Fassung von Glucks Oper, widmet sich mit perfekten Koloraturen, fein modulierten Verzierungen und differenziertem Ausdruck dem Bel Canto Rossinis (mit "Oh Patria! - Di tanti palpiti", der berühmten Szene und Arie des Tancredi), Bellinis (als still verzweifelter Roméo an der Leiche Julias) und Donizettis sowie Meyerbeer und Offenbach. Am Ende verkörpert sie den erotischsten jungen Mann, den ein weiblicher Mezzo singen darf, an der Seite der Feldmarschallin von Miranda Keys: den Strauss'schen "Rosenkavalier".

Zwei entzückende Zugaben gelten Ravels "Kind und seinen Spielsachen" und dem unsterblichen "Crazy World" von Henry Mancini aus der Verfilmung von "Victor/Victoria" (1982), in der eine Frau sich mit überwältigendem Erfolg als Damenimitator ausgibt, stets federnd und stilsicher begleitet vom Münchner Rundfunkorchester unter Corrado Rovaris.

Von Samstag, 31. März, an singt Anna Bonitatibus in der Staatsoper wieder in vier Vorstellungen die Diana in "La Calisto" des Monteverdi-Schülers Francesco Cavalli, mit der sie schon 2014 am Nationaltheater in der großartigen, ebenso witzigen wie farbenprächtigen Inszenierung David Aldens von 2005 zu erleben war, letztes Relikt des üppigen Barock-Repertoires aus der Ära Peter Jonas.

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