Klassik:Der Teamplayer

Titel: Portrait von Ivan RepuÅ°ić; Untertitel: Münchner Rundfunkorchester;

Gefühlvoll der musikalischen Vielseitigkeit zu frönen, hat sich Ivan Repušić für die kommenden Jahre mit dem Rundfunkorchester vorgenommen.

(Foto: ivanrepusic.com)

Ivan Repušić verlängert beim BR-Rundfunkorchester

Von Thomas Jordan

Neulich, als er zusammen mit Mariss Jansons, seinem BR-Chefdirigenten-Kollegen auf einem Podium saß, gab es so einen typischen Ivan-Repušić-Moment. Der Maestro des BR-Rundfunkorchesters erzählte, wie er einmal eine Gesangssolistin bei einer Live-Aufnahme energisch ermutigte, bei ihrer Lautstärke zu bleiben, nachdem ein Tonmeister sie abgekanzelt hatte. Im Laufe des Gesprächs rief Repušić den Satz: "Ich muss immer an der Seite der Sänger bleiben." Ivan Repušić, der Teamplayer unter den Dirigenten, spricht viel über Gefühle, wenn er seine Arbeit erklärt. Dass Musiker bessere Leistungen bringen, wenn eine positive Atmosphäre herrscht, gehört dabei zu seinen Kernüberzeugungen.

Vor Kurzem hat der 41-Jährige, der bis zum Ende der Saison 2018/2019 auch Generalmusikdirektor in Hannover war, seinen Vertrag als Chefdirigent des BR-Rundfunkorchesters bis 2023 verlängert. Dass er hier weitermacht, ist für ihn nur "logisch", die 2017 begonnene Arbeit will er in den nächsten Jahren in München fortsetzen. Dafür hat sich Repušić so einiges vorgenommen: Musikalisch will der in Kroatien geborene Dirigent mit seinem Orchester noch tiefer in die Bedeutung der Werke eindringen. Dazu gehört für ihn, die in den Partituren verborgenen Emotionen noch besser herauszuarbeiten und die unterschiedlichen Klangfarben der Komponisten zu betonen. Programmatisch vertraut er auch weiterhin auf die Kraft und den musikalischen Reichtum seines Lieblings Giuseppe Verdi. Nach "Attila" sind in den kommenden Spielzeiten zwei weitere, eher selten gespielte Opern des italienischen Komponisten geplant. Auch die Ballettmusik des Italieners reizt Ivan Repušić.

Ein "kleiner Zyklus", sagt Repušić, die Titel sollen vorerst noch geheim bleiben. Schließlich habe man mit einem Verdi-Programm die Möglichkeit, die besten Sänger der Welt zu bekommen. In der Vergangenheit waren das etwa der Bass Ildebrando d'Arcangelo und die Sopranistin Marina Rebeka. "Die Verdi-Opern passen perfekt zu unserer Größe und zum BR-Chor", sagt Repušić, und man denkt unmittelbar an die drastischen Stellenkürzungen mit denen das BR-Rundfunkorchester in den Jahren 2004 bis 2006 zu kämpfen hatte. Das ist, glaubt man dem Chefdirigenten, bewältigt, eine nachwirkende Angst spürt er in seinem Orchester jedenfalls nicht.

Denjenigen, die sich ein noch stärkeres Profil des kleineren der beiden BR-Orchester in der Münchner Musiklandschaft wünschen, hält der Chef auch weiterhin seine Lust an der Vielseitigkeit entgegen. Die reicht von der Reihe Paradisi Gloria, in denen geistliche Musik glänzen darf, über die Schlösser- und Residenzentournee 2020 durch ganz Bayern bis hin zu den Kooperationen mit Orchestern aus Kroatien, Slowenien und Ungarn. Repušić sieht sich hier als Brückenbauer zwischen München und den Osteuropäern. Und dann gibt es ja auch noch die seit Jahrzehnten etablierte Reihe der konzertanten Opernaufführungen immer sonntags in der Saison.

Besonders stolz ist der Chefdirigent auf die Idee, in jeder Saison wechselnde "Artists in Residence" beim Rundfunkorchester zu begrüßen. Von den musikalischen Impulsen der Top-Künstler profitierten laut Repušić alle: das Publikum, das Orchester, und sogar die einzelnen Instrumentengruppen. Gerade hat der Ausnahmeflötist Emmanuel Pahud mit dem Rundfunkorchester geprobt und zwar ganz so, wie es dem Teamplayer Repušic gefällt: nicht nur als Solist, sondern auch als kammermusikalisches Ensemblemitglied. Am Mittwoch feiert das ehemals jüngste Mitglied der Berliner Philharmoniker mit Flötenwerken von Debussy, Gounod und Reinecke seinen Einstand bei den Münchnern. Wenn Repušić über Pahud spricht, dann wird deutlich, was der Dirigent meint, wenn er fordert, die versteckten Gefühle in den Partituren hörbar zu machen: Wie technisch ausgefeilt und gleichzeitig locker Pahud eine Phrase anbiete, das sei für ihn wie "Hypnose".

Münchner Rundfunkorchester: Bienvenue, Emmanuel!, Mittwoch, 23. Oktober, 19.30 Uhr, Prinzregententheater, Prinzregentenplatz 2

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