Klassik:Der Erste

Leonidas Kavakos ist ein bekannter Geiger. Jetzt dirigiert er auch noch. In München geht er aufs Ganze und dirigeigt Beethovens Violinkonzert, das heikelste und eigenwilligste unter den großen Violinkonzerten.

Von Helmut Mauró

Sein Dirigierstil: Kraftvoll, entschlossen, ungestüm - ganz so, wie Beethovens Musik, gerade auch sein Violinkonzert, für viele klingen muss. Der Geiger Leonidas Kavakos versucht in der Münchner Philharmonie beides: Dirigent und Solist sein, gleichsam sein eigenes sinnstiftendes Umfeld. Er ist nicht der Erste, der dies ernst und leidenschaftlich versucht, und er wird nicht der Letzte sein, der daran grandios scheitert. Und dies trotz vieler überzeugender Details, inspirierter Gestaltung, großer solistischer Anstrengung.

Manchmal kommt es einem so vor, das ganze Violinkonzert sei nur eine Abfolge von solistischen Abschnitten und Kadenzen, mehr oder weniger abrupt unterbrochen von überleitenden Orchesterpassagen. Aber: Auch wenn das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks seinen Part auch ohne Dirigenten spielen kann und sich - diesmal oft zu sehr - zugunsten des Solisten zurücknimmt, so braucht das Stück doch auch ein bisschen Widerstand. Sicherlich ist nicht jedes Konzert in jedem Moment ein Wettstreit zwischen Solist und Orchester. Aber ohne die Auseinandersetzung, den anderen Blickwinkel, einen Rest Dialektik, erscheint Beethovens Violinkonzert über weite Strecken vage, wo nicht gar sinnentleert. Kavakos bot geigerisch alles Mögliche auf an Virtuosität, Ausdruck, langem Atem; die Erwartungen an sich selbst schienen hoch gesteckt. Gleichermaßen motiviert ging er nach der Pause Beethovens Siebte Symphonie an. Seine Dirigierbewegungen sind beeindruckend, aber die BR-Symphoniker wussten, was nicht unbedingt in ihrer Art liegt, Maß zu halten und nicht nur einen perfekten, warmen Streicherklang zu gestalten, sondern auch das Blech über weite Strecken im Zaum zu halten. Gegen Ende brachen sich die Bläser aber dann doch Bahn, und das etwas zu laute Geschrei der Trompeten warnte vor drohenden Angriffen oder riefen selber dazu auf; man wusste es nicht. So blieb am Ende nicht das erhoffte Ergebnis, dass jemand, der Musik versteht und auch aktiv ausübt, automatisch oder sogar besser den Anforderungen des Dirigierens, Kommunizierens, Dramatisierens, Inspirierens gewachsen ist. Schieres Dirigententum gestenreich zu zelebrieren - das führt den Hörer, gerade bei Beethoven, eher in die Irre.

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