Klassik:Claude Debussy

Claude Debussy
(Foto: DB Röhnert/picture alliance/dpa)

Den Hundertsten Todestag hat er an diesem Sonntag. Warner Classic bringt zu diesem Anlass das Gesamtwerk heraus - von dem viel zu viel bislang völlig unbekannt ist.

Von Reinhard J. Brembeck

Immer hat er sich aus den Salons und Konzertsälen herausgesehnt, an die Küste, nach Amerika und Spanien, in den Fernen Osten, zurück in Barock, Renaissance, Mittelalter und die Antike. Am liebsten waren ihm dabei Szenarien, die überhaupt nicht von Menschen bevölkert sind, oder nur von schemenhaften Gestalten, die kaum eine Individualität besitzen. War er nicht der Erste, der das Meer in all seiner Größe und Gewalt, seinen Geheimnissen komponierte?

Claude Debussy, der an diesem Sonntag vor 100 Jahren in Paris starb, ist einer der bekanntesten unbekannten Komponisten. "La Mer" und die Klavier-"Préludes" sind sehr bekannt, aber widerständig und modern genug, um nie völlig populär zu werden. Anderes ist sehr viel radikaler gehalten und oft auch durch die innige Verbundenheit mit der französischen Sprache nicht exportierbar. Das gilt für Seltsamkeiten wie die Begleitmusik zu Gabriele d'Annunzios Heiligenspektakel "Le Martyre de Saint Sébastien" oder die Begleitmusik zu den rezitierten "Chansons de Bilitis", Erotikgedichte des Meistererotikers Pierre Louÿs, der mit diesen herrlichen Antikenfälschungen Furore machte. Es gilt für die zwölf Klavier-Etüden, ein Spätwerk, das nach wie vor im Schatten steht der "Préludes", "Estampes" und "Images", es gilt für die getanzte indische Legende "Khamma", die wie so vieles von Debussy erst von fremder Hand vollendet wurde, es gilt für die vielen Einzellieder und wenigen Liederzyklen. Immer nimmt Debussy, das hat schon der einstige Modephilosoph Ortega y Gasset bemerkt, das Menschliche und die Leidenschaften raus aus der Kunst und überlässt dem Hörer nur rätselhaft gelassene Klanglandschaften, deren Oberflächen undurchdringlich sind.

Jubiläen haben den Vorteil, dass sich der Kunstfreund einmal auf die eher unbekannten Seiten eines Künstlers konzentrieren kann. Das ist im Fall von Debussy jetzt besonders gut möglich aufgrund der mit knapp unter 70 Euro spottbilligen 33-CD-Box "Claude Debussy. The Complete Works", die fast alles ("Le Diable dans le Beffroi" fehlt) enthält, was der Meister des Uneigentlichen geschrieben hat (Warner Classics).

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