Süddeutsche Zeitung

Klage um Filmwerbung:Weil sie es uns wert ist

Ana de Armas taucht im Trailer zu "Yesterday" auf, aber nicht im Film selbst. Nun dürfen die Fans klagen.

Von Fritz Göttler

Treue Fans können harte Burschen sein, natürlich auch im Kino. Je 3,99 Dollar haben die Fans Conor Woulfe und Peter Michael Rosza gezahlt, um beim Streamingdienst Amazon Prime den Film "Yesterday" zu sehen - eine stimmungsvolle Hommage an die Musik der Beatles, 2019, inszeniert von Danny Boyle. Der Film spielt in einer fantastischen Alternativwelt, in der aus mysteriösen Gründen keiner mehr weiß, dass es die Fabulous Four und ihre magischen Songs gegeben hat. Nur einer erinnert sich, Jack Malik, gespielt von Himesh Patel, und der kennt wundersamerweise alle Texte und alle Weisen und kann den Mitmenschen die Songs vorsingen - und so tun, als hätte er sie selber komponiert. In einer Talkshow darf er neben einer hinreißenden Frau sitzen und lässt sich von ihrer Präsenz "inspirieren" zum Song "Something". Die junge Frau ist Ana de Armas, die kubanische Schauspielerin, die im Bond-Film "Keine Zeit zu sterben" und im ersten "Knives Out"-Film, beide mit Daniel Craig, dabei war und dieses Jahr in der Netflix-Produktion "Blond" Marilyn Monroe verkörperte. Der Trailer zu "Yesterday" enthielt die Talkshowszene - und Woulfe und Rozsa wollten unbedingt Ana de Armas sehen, merkten dann aber, dass alle ihre Szenen aus dem fertigen Film geschnitten waren.

Im Rahmen einer Sammelklage mit anderen enttäuschten Fans verklagten die beiden das Filmstudio Universal. Vor wenigen Tagen entschied nun ein Bezirksrichter in Kalifornien, dass die Klage zuzulassen sei. Es geht um fünf Millionen Dollar Schadenersatz. Die Universal-Anwälte argumentierten, Filmtrailer seien "nicht-kommerziell", sondern eine künstlerische Arbeit - ein ganzer Film, erzählt in drei Minuten - und unterlägen also dem Recht auf freie Meinungsäußerung. (Ein Trailer zum Universal-Film "Jurassic Park", erklärten sie, sei gar aus lauter Szenen zusammengefügt, die nicht im Film vorkommen würden.) Laut dem Richter sei ein Kinotrailer dagegen - bei aller nötigen Kreativität - Werbung und unterläge damit dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb.

Ein Trailer als Mogelpackung, das Problem ist nicht wirklich neu. (Und über Mogelpackungen wird gerade, angesichts steigender Lebenshaltungskosten, wieder mehr diskutiert.) Das Kino operiert gezielt mit unseren Wünschen und Vorstellungen - und mit unserer Bereitschaft, uns verführen zu lassen. Was wir in einen Trailer und dann in den Film hineinsehen, die Diskrepanz zwischen unseren Erwartungen und dem auf der Leinwand Gezeigten, ist kaum messbar oder justiziabel.

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