Süddeutsche Zeitung

Kirill Serebrennikow:Haftforderung für Regisseur

Russische Staatsanwälte haben sechs Jahre Haft für den Theaterregisseur Kirill Serebrennikow gefordert. Sie beschuldigen den 50-Jährigen und Kollegen von ihm, 129 Millionen Rubel (1,7 Millionen Euro) veruntreut zu haben. Die Anklage gilt als politisch motiviert. Die Ermittler hatten den wohl bekanntesten Theater- und Filmregisseur Russlands und seine Kollegen zunächst beschuldigt, Gelder gestohlen zu haben, die für mehrere Produktionen vorgesehen waren. Eine Produktion sei nie aufgeführt worden, so der Vorwurf - tatsächlich wurde sie mit großem Erfolg gezeigt. Die Ermittler zogen diesen Vorwurf später zurück und haben seither nicht klargestellt, wo ihrer Meinung zufolge Geld gestohlen wurde. Serebrennikow hat die Vorwürfe als absurd zurückgewiesen. In Moskau wächst nun der Widerstand gegen eine mögliche Verurteilung des Regisseurs zu Haft im Straflager. In dem international als Schauprozess gegen die liberale Kunstszene kritisierten Strafverfahren soll an diesem Freitag das Urteil gesprochen werden. "Milde!" für Serebrennikow, schrieb die Boulevardzeitung Moskowski Komsomolez am Dienstag. Die Zeitung Wedomosti warnte vor Zuständen wie zu Zeiten des sowjetischen Diktators Josef Stalin, der Künstler und Wissenschaftler in Straflager werfen ließ. Am Montag beteuerte Serebrennikow seine Unschuld. "Ich habe noch nie etwas zum Schaden anderer Lebewesen getan, ich habe nie unehrlich gehandelt", sagte er. In dem Verfahren seien keine Beweise vorgelegt oder Zeugen präsentiert worden. Trotz aller "Schwierigkeiten, Verfolgungen und übler Nachrede" bereue er nicht, sich für die Entwicklung der Kunst eingesetzt zu haben. Zugleich räumte er ein, dass die Buchhaltung seines Theaterbetriebs "schrecklich organisiert" gewesen sei. Dafür entschuldigte er sich.

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SZ vom 24.06.2020 / AP, dpa
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