Neu in Kino & Streaming:Welche Filme sich lohnen - und welche nicht

Neu in Kino & Streaming: Ina (Anne Ratte-Polle) hat Druck auf der Brust: Szene aus "Alle wollen geliebt werden".

Ina (Anne Ratte-Polle) hat Druck auf der Brust: Szene aus "Alle wollen geliebt werden".

(Foto: Camino Filmverleih)

Anne Ratte-Polle steht in "Alle wollen geliebt werden" unter Druck, und in "Gletschergrab" tauen die Hitler-Geheimnisse. Die Starts der Woche in Kürze.

Von SZ-Autorinnen und -Autoren

Alle wollen geliebt werden

Martina Knoben: Doppelbelastung? Ach was! Ina (Anne Ratte-Polle) ist am Rande des Nervenzusammenbruchs, weil alle etwas von ihr wollen und sie allen versucht zu genügen: den Patientinnen in ihrer Psychotherapie-Praxis; der pubertierenden Tochter, die droht, zum Vater zu ziehen; der egozentrischen Mutter, die Ina zu diversen Dienstleistungen heranzieht; und ihrem Freund, der sie überreden will, nach Finnland zu ziehen. Kein Wunder, dass Ina einen Druck auf der Brust verspürt. Der überträgt sich auf die Zuschauer, auch dank der tollen Schauspielerinnen. Katharina Woll jagt mit ihnen durch Inas Tag, filmisch allerdings etwas zu brav und zu beliebig.

Can and Me

Joachim Hentschel: Als Keyboarder der titanischen Kölner Experimentalgruppe Can wurde Irmin Schmidt in den Siebzigerjahren zum alternativen Rockstar. Über seine Vor- und Nachgeschichte und das musikalische Lebenswerk hat der Kurator und Dokumentarfilmer Michael P. Aust nun ein Porträt gedreht, das uns die Welt durch die Augen des Künstlers zeigt, mit einer Menge toller Anekdoten und Originalbilder. Aber eben auch kreuzbrav chronologisch durcherzählt. Große Erleuchtung: Schmidts agile Ehefrau Hildegard, die als Managerin und Plattenfirmenchefin den Laden am Laufen hält. Von ihr handelt der Film mindestens so sehr wie von ihm.

Die Eiche - Mein Zuhause

Kathleen Hildebrand: Die Kamera kommt einfach überall hin in diesem beeindruckenden Dokumentarfilm von Laurent Charbonnier und Michel Seydoux: Sie zischt mit einem Habicht einem Eichelhäher zwischen Baumstämmen hinterher, folgt Waldmäusen in ihren überraschend geräumigen Bau und beobachtet die Larve eines Eichelbohrerkäfers bei ihrer Verwandlung unter der Erde, zu Füßen einer 200 Jahre alten französischen Eiche. Zu Schaden kommt keines der Protagonistentiere. Wie so oft in den Tierdokus der Gegenwart gehen die Raubtiere leer aus.

Die Fabelmans

Tobias Kniebe: Der große Steven Spielberg erzählt von sich selbst in jungen Jahren, seiner Herkunft und seiner Berufung. Das kann ohne Weiteres als Autobiografie bezeichnet werden und ist sogar erstaunlich wahrheitsgetreu: die Kindheit mit den drei Schwestern, die freigeistige Künstlermutter (Michelle Williams), deren Affäre er entdeckt, die Super-8-Filme auf dem Weg zum Kinogott. Diese helfen schließlich sogar gegen mobbende Antisemiten in der Schule, und gegen die Beklemmung nach der Scheidung der Eltern - der Film holt sie ins Offene. Im Kern handelt diese Geschichte, wie alle guten biografischen Erzählungen, von einer Idee: der Macht des Filmemachens.

Gletschergrab

Nicolas Freund: Der Klimawandel macht echt viele Probleme. In Island schmilzt der Vatnajökull-Gletscher, aus dem Eis taucht ein altes Naziflugzeug auf und mit ihm irgendein Hitler-Geheimnis. Die ahnungslose Kristín wird in diese Räuberpistole hineingezogen. Nach Verfolgungsjagden durchs beschauliche Reykjavík und Schießereien auf abgelegenen isländischen Bauernhöfen erklärt ein Geschichtsprofessor, worum es eigentlich geht. Óskar Thór Axelssons Verfilmung des gleichnamigen Thrillers soll ein isländisches "Indiana Jones" oder "Tomb Raider" sein, ist dafür aber viel zu schematisch und lieblos erzählt. Da helfen auch Wotan Wilke Möhring und die isländische Landschaft nicht mehr.

Saint Omer

Philipp Stadelmaier: Im ersten, hochdekorierten Spielfilm von Alice Diop verfolgt eine Autorin (Kayije Kagame) den Gerichtsprozess gegen eine junge Studentin (Guslagie Malanda), die ihr Kind ertränkt hat. Beide sind senegalesischer Herkunft. Ein sehr theatraler Film, dessen vielschichtige Diskurse niemals das Warum der Tat freigeben. Das ist sehenswert, will aber vielleicht etwas zu sehr gesehen werden, zu sehr die Herzen des Publikums erreichen. Für das Schicksal der Angeklagten wird es dennoch sensibilisiert.

Scream 6

Fritz Göttler: Ghostface hat nun auch eine Pumpgun. Der fiese Killer hat das beschauliche Woodsboro verlassen und ist den Schwestern Carpenter und den Geschwistern Meeks, den Überlebenden des vorigen Teils der Horror-Reihe, nach New York gefolgt. In der Subway dort, weil die vollgepackt ist mit Menschen, sei man absolut sicher vor seinen Attacken... Darauf muss man als potenzielles Opfer auch erst mal kommen. Es wird wieder viel über Film diskutiert, über die neuen Regeln des Horrorkinos - inzwischen haben auch die Heldinnen dunkle Seiten. Und dass eine Hauptfigur dagegen gefeit sei, ermordet zu werden, darauf sollte man sich nicht mehr unbedingt verlassen. Der neue Teil, wieder unter der Regie von Matt Bettinelli-Olpin und Tyler Gillett, ist düsterer und grausamer als die früheren, mehr als nur ein Spiel mit Mobilphon und Messer, diesmal ist viel Verzweiflung, jede Menge Rache im Spiel.

Zur SZ-Startseite

SZ PlusPorträt der Schauspielerin Michelle Williams
:Größer als das Leben

Michelle Williams spielt in "Die Fabelmans" Steven Spielbergs Herzensrolle: seine Mutter. Und plötzlich ging es für beide um alles. Eine Begegnung mit der oscarnominierten Schauspielerin.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: