Kinostarts der Woche:Welche Kinofilme sich lohnen und welche nicht

In der Komödie "Girls' Night Out" mit Scarlett Johansson geht vieles schief, aber leider fehlt der Witz. "Der Tod von Ludwig XIV" hingegen ist eine absurde, aber schöne Tortur.

Von den SZ-Kinokritikern

Girls' Night Out

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(Foto: dpa)

Beim Junggesellinnenabschied bringen fünf Freundinnen aus Versehen einen Mann um - und versuchen für den Rest dieses Films von Lucia Aniello, die Leiche verschwinden zu lassen. Witzig ist das nicht - und Gespräche über Tampons, Intimrasur und heteronormatives Zusammen-aufs-Klo-Gehen reichen auch nicht, um das Ganze als Buddy-Komödie für Frauen zu feiern. Lichtblick: Darstellerin Kate McKinnon aus "Saturday Night Live", die als Hippie-Australierin noch lustiger ist als in ihrer Paraderolle Hillary Clinton.

Overdrive

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(Foto: Jessica Forde / Océan films)

Schöne Frauen in edlen Vintage Cars auf südfranzösischen Serpentinen, dazu ein bisschen Action zwischen rivalisierenden Autosammlern (Clemens Schick und Simon Abkarian). Das Raubüberfall-Szenario, das die "2 Fast 2 Furious"-Autoren und Regisseur Antonio Negret aus diesen Zutaten gebaut haben, hat das Zeug zum Urlaubstraum für attraktive Kerle und die Frauen, die sie anhimmeln. Scott Eastwood zeigt strahlendes Killerlächeln und durchtrainierte Bauchmuskeln, wie einst sein berühmter Vater profitiert auch er vorerst vor allem vom Charisma des All American Guy.

Die Verführten

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(Foto: dpa)

Das Mädchenpensionat im amerikanischen Süden während des Bürgerkriegs wirkt entrückt und verwunschen, aber dann bricht die Realität ein in die fast klösterliche Gemeinschaft. Eine Schülerin hat einen verwundeten Soldaten der feindlichen Truppen (Colin Farrell) gefunden, und Miss Martha (Nicole Kidman) beschließt, die Frauen sollten ihn gesund pflegen, bevor sie ihn ausliefern. Regisseurin Sofia Coppola hat daraus einen hübschen, manchmal komischen, oft beklemmenden Thriller gemacht, der sehr viel Spaß macht, solange man nicht nach der tieferen Bedeutung forscht (siehe Feuilleton vom Mittwoch).

Sommerfest

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(Foto: Tom Trambow X Verleih AG)

Draußen ist Sommer, drinnen in den Kinos die große Sommerbehauptung: Sönke Wortmanns Film über einen Theaterschauspieler (Lucas Gregorowicz), der sein Elternhaus vor Jahren verlassen hat und es erst nach dem Tod des Vaters wieder betritt, wirkt ähnlich kulissenhaft wie das Umfeld, in dem er spielt. Übers Münchner Residenztheater geht es weiter nach Bochum, wo sich jede Menge Ruhrpott-Typen-Darsteller tummeln. Die Adaption des gleichnamigen Romans von Frank Goosen ist eine nostalgische Heimatrevue, in der die Gegenwart kaum Platz hat.

Axolotl Overkill

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(Foto: Constantin Film Verleih GmbH)

Sie war vor ein paar Jahren das Enfant terrible der Stunde: Die damals blutjunge Helene Hegemann hatte Teile ihres Skandalromans "Axolotl Roadkill" abgeschrieben. Aus dem drogeninduzierten Bewusstseinsrausch des Buchs hat sie nun einen Film voller Filmrisse geschmiedet. Eine goldene Herzlichkeit schimmert durch sie hindurch, die unter der Panzerschicht aus Koketterie und Altklugheit des Romans nur zu erahnen war. Mit diesem Film ist der "Berlin Mumblecore" um ein spannendes Kapitel reicher.

Nur ein Tag

6 / 12
(Foto: W-film Distribution)

Wildschwein und Fuchs führen ein idyllisches Leben im Wald, mit Trüffelpuffern und Radiosound. Alles könnte wunderbar sein, hätten sie nicht einer zauberhaften Eintagsfliege beim Schlüpfen zugeschaut. Nun müssen sie ihr beibringen, dass sie bald sterben wird. Autor Martin Baltscheit hat sein eigenes existenzialistisches Kinderbuch mit poetischer Naivität verfilmt. Die Schauspieler Aljoscha Stadelmann, Lars Rudolph, Karoline Schuch und Anke Engelke agieren in Menschengestalt, tragen aber Tiernamen.

Dries

7 / 12
(Foto: Dogwoof Ltd. 2017)

Ein Jahr lang hat der Dokumentarfilmer Reiner Holzemer den belgischen Modemacher Dries Van Noten mit der Kamera begleitet. Er filmte im Atelier, wie aus Hunderten von Stoffmustern ein Outfit wird, war backstage während der Shows dabei, er hat den überaus scheuen Künstler auch zu Hause besucht und in dem berühmten Garten gedreht, der immer wieder Vorlage für Entwürfe war. Holzemer zeichnet das Bild eines sanften Perfektionisten und Getriebenen, findet darüber hinaus aber kein eigenes Narrativ. "Dries" ist ein etwas fantasieloser Film über einen fantastischen Designer geworden.

Dil Leyla

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(Foto: Essence Film GmbH)

Leyla, in Deutschland aufgewachsen, kehrt nach zwanzig Jahren in ihren türkisch-kurdischen Heimatort Cizre zurück. In der vom Bürgerkrieg zerstörten Stadt steigt sie in die Politik ein, gewinnt schnell Sympathien und wird mit 81 Prozent der Stimmen zur jüngsten Bürgermeisterin der Türkei gewählt. Als der Friedensprozess zwischen AKP-Regierung und Kurden bröckelt, verändert sich auch das Klima im Ort, türkische Soldaten marschieren auf. Asli Özarslans bewegender, sehr gelungener Dokumentarfilm zeigt eine Identitätssuche zwischen hohen Idealen und politischer Realität.

Fairness - Zum Verständnis von Gerechtigkeit

9 / 12
(Foto: mindjazz pictures)

Schon Babys haben ein Gefühl für Gerechtigkeit, gleichzeitig wächst die soziale Ungleichheit weltweit. Warum akzeptieren wir das? Und was kann man dagegen tun? Alex Gabbay fragt Verhaltensforscher, Soziologen und Wirtschaftswissenschaftler. Es sind viele Talking Heads in seiner Doku zu sehen. Das könnte ermüdend sein - wenn die Befragten nicht so Interessantes zu erzählen hätten.

Mein wunderbares West-Berlin

10 / 12
(Foto: dpa)

Seit zwei Jahrzehnten arbeitet sich Jochen Hick durch die Zeitschichten homosexuellen Lebens, von L. A. über die westdeutsche Provinz bis in die ehemalige DDR. Seine neue Dokumentation ist eine vielstimmige Oral History der Schwulenbewegung im West-Berlin der Post-68er: Partykultur, Klappensex, Männerkommunen, der Kampf gegen § 175 und schließlich der Aids-Schock der Achtzigerjahre. Ein pflichtschuldiger Versuch schwuler Geschichtsschreibung, der mit sehenswertem Archivmaterial glänzt, auch wenn im Stimmengewirr ein paar Zusammenhänge unklar bleiben.

Wilson - Der Weltverbesserer

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(Foto: dpa)

Der eigenwillige Wilson versöhnt sich mit seiner Exfrau Pippi und erfährt, dass er vor 16 Jahren Vater wurde. Eine wohlhabende Familie adoptierte die Tochter aber gleich nach der Geburt, und das Mädchen weiß nichts von ihren biologischen Eltern. Nun will Wilson die verlorene Zeit wieder aufholen. Was wie ein Coen-Brüder-Film anfängt, geht wie ein Woody Allen-Film weiter und zum Schluss weiß Craig Johnson offenbar selbst nicht genau, was er da inszenieren wollte. Unterhaltsam ist es dennoch.

Der Tod von Ludwig XIV

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(Foto: Capricci Films)

Man will ja nicht allzu oft jemandem beim Sterben zuschauen, außer vielleicht dem DHL-Boten, wenn er wieder nicht geklingelt hat, obwohl man definitiv zuhause war. Jean-Pierre Léaud als zwei Stunden langsam vor sich hinsiechender Sonnenkönig Ludwig ist da ein anderer Fall. Albert Serra hat sein Sterben als Filmkunstwerk choreografiert: Ob der König überlegt, welches seiner nummerierten Glasaugen er einsetzt, das Schmatzen, mit dem er Eier ist, wie der Hofstaat applaudiert, wenn er aufgegessen hat - es ist eine Tortur, zuzusehen. Eine schöne und absurde Tortur.

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