Filme der Woche:Welche sich lohnen - und welche nicht

"Hardcore" ist der erste Film in der Ästhetik von Ego-Shootern und "The Jungle Book" folgt würdig dem Disney-Klassiker nach.

Von den SZ-Kinokritikern

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Nomaden des Himmels

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Quelle: SZ

Wunderschöne Beschwörung des vom Untergang bedrohten Nomadenlebens. Meditation und Poesie, kein plakatives Szenario der Anklage. Regisseur Mirlan Abdykalykow portraitiert in seinem Spielfilmdebüt eine kirgisische Nomadenfamilie, die versucht, sich im Spannungsfeld von Tradition und Moderne zu behaupten. Mit Würde und Zartgefühl. Spielerisch leicht verknüpft er den Zauber alter Mythen mit alltäglichen Capriccios.

Rainer Gansera

2 / 15

Akt

Akt

Quelle: © 42film, Bild: Friede Clausz

Wenn jemand für einen Akt Modell steht - sagt nicht allein das schon etwas über ihn aus? Vier nackte Leben breitet Mario Schneider in seinem Dokumentarfilm aus, allesamt Aktmodelle an der Leipziger Kunsthochschule. Sie erzählen von sich, und aus den Biographien und Reflexion wird dann sehr klar, warum gerade diese vier sich ganz entspannt den Blicken anderer aussetzen.

Susan Vahabzadeh

3 / 15

Beti and Amare

Beti and Amare

Quelle: Aries Images

1936 in Äthiopien, die junge Beti (Hiwot Asres) flieht aus einer Stadt, die Mussolinis Truppen eingenommen haben, in die Savanne. Dort lebt sie in einer ärmlichen Hütte, erlebt sexuelle Gewalt, Durst und Hunger. Bis ein netter junger Außerirdischer mit Vampirzähnen auftaucht und ihr die Hoffnung zurückgibt, dass alles wieder gut wird. Ob der real ist oder von Beti ausgedacht, lässt dieser sehr experimentelle Film vom deutschen Regisseur Andy Siege offen.

Kathleen Hildebrand

4 / 15

Chamissos Schatten: Kapitel 2

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Quelle: RealFiction Film

Von Alaska kommend, russischen Boden betretend, besucht Ulrike Ottinger im 2. Teil ihrer Beringsee-Expedition Tschukotka und begleitet indigene Meeresjäger. Minutiös schildert sie, wie eine Robbe gejagt, getötet und zerlegt wird. Das mag unsere naturidyllisch gestimmten Gemüter provozieren, aber es bezeugt die faszinierende Offenheit eines Blicks, der ethnologische Neugier mit künstlerischer Präzision verschwistern kann.

Rainer Gansera

5 / 15

Fritz Lang

Kinostart - 'Fritz Lang'

Quelle: W-Film

Fritz Lang wird 1931 bei seinen Recherchen zu "M" mit seinen eigenen Dämonen konfrontiert. Heino Ferch illustriert Lang mehr, als dass er ihn gegenwärtig macht; Gordian Mauggs Bilder illustrieren eher das historische Thema "Lang - Genie und Monster", als dass sie sich für seine Arbeit interessieren. Resultat: Das Kino, Kunst der Gegenwart, ist in Deutschland ein kurioses, verstaubtes Museumstück.

Philipp Stadelmaier

6 / 15

Hardcore

Kinostart - 'Hardcore'

Quelle: dpa

Ein kybernetisch aufgemotzter Supermensch zerlegt reihenweise Gegner à la "Crank", nämlich ironisch-heiter, als wären sie Piñatas, und wir schauen dabei durch seine Augen: Der Film des russischen Punkmusikers Ilya Naishuller spielt auf die Optik und die überdrehte narrative Logik von "Ego-Shooter"-Computerspielen an. Stuntmen trugen dafür "GoPro"-Actionkameras auf dem Kopf. Wie sich das anfühlt? Hardcore!

Philipp Bovermann

7 / 15

The Jungle Book

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Quelle: AP

Die Schlange Kaa ist jetzt ein Weibchen. Und auch sonst ist einiges anders im neuen "Dschungelbuch" aus den Disney Studios. Statt Zeichentrick gibt es einen realen Mogli - alles andere, der Dschungel und seine Tiere, wurde im Computer kreiert. Jon Favreaus Interpretation der berühmten Geschichte von Rudyard Kipling ist außerdem ernster und düsterer als sein berühmter Vorgänger von 1967 - und gerade weil er den Stoff noch einmal anders angeht, ein würdiger Nachfolger.

Martina Knoben

8 / 15

The Lady in the Van

Kinostart - 'The Lady In The Van'

Quelle: dpa

Nicholas Hytner hat eine rührend komische Geschichte des Dramatikers Alan Bennett verfilmt, die ein bisschen Nabelschau betreibt: Die wunderliche Miss Shepherd (Maggie Smith) parkt mit dem verlotterten Gefährt, in dem sie lebt, in seiner Einfahrt - und aus einer Mischung aus Interesse und Faulheit lässt er sie gewähren. Diese Beziehung, die anfangs nur gegenseitige Duldung ist, wird dann für beide sehr wichtig - und lang. Ein skurriler kleiner Film, großartig gespielt.

Susan Vahabzadeh

9 / 15

Memories on Stone

Memories on Stone

Quelle: © Mitosfilm

Nach dem Ende des zweiten Irakkriegs versuchen zwei kurdische Freunde, einen Spielfilm über Saddam Husseins Massenmord an ihrem Volk zu drehen. Das ist schwieriger als gedacht Der Onkel der Hauptdarstellerin lässt diese nicht vor die Kamera, das Equipment müssen die beiden über die Grenze des Nordirak schmuggeln und Elektrizität gibt es kaum. Shawkat Amin Korkis Film ist nicht nur ein Versuch, die Wunden der Vergangenheit zu heilen, sondern auch eine großartige Hommage an das Filmemachen.

Mirjam Uhrich

10 / 15

Much Loved

Much Loved

Quelle: © Arsenal Filmverleih

Mal als Prinzessin aus 1001er Nacht verehrt, mal als Hure misshandelt: Mit zärtlich zugetaner Handkamera umfängt der Franco-Marokkaner Nabil Ayouch vier Frauen, die ihren Körper verkaufen, nicht irgendwo im Westen, sondern in Marrakesch, wo Prostitution eine große Rolle spielt, aber sozial noch stärker geächtet wird. Mal selbstbewusst sinnlich, mal als keifende Konkurrentinnen, dann wieder als vertraute Schwestern inszeniert er seine Laiendarstellerinnen, in einem Film über die Heuchelei, der nach der Premiere in Cannes verboten wurde.

Anke Sterneborg

11 / 15

Nightsession

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Quelle: Deutsche Exotik

Rollen, rollen, rollen und reden, reden, reden. Philipp Dettmer begleitet vier junge Skater eine Sommernacht lang durch München, wie sie Bier trinken, Döner essen, über alles und nichts quatschen und die Stadt als Spielplatz "erfahren" auf ihren Skateboards. So lässig, wie sich die Jungs geben, gibt sich auch der FIlm: Alles wirkt wie beobachtet, wurde tatsächlich aber mit Amateuerschauspielern inszeniert.

Martina Knoben

12 / 15

Rabbi Wolff

Rabbi Wolff

Quelle: Ulrich Holz; © Uli Holz

So einen Rabbiner hat die Welt noch nicht gesehen. William Wolff macht Yoga, geht in Ascot aufs Pferderennen, badet mit 85 Jahren im Mittelmeer und er fliegt alle zwei Wochen von Großbritannien, wo er lebt, nach Hamburg, weil er in Rostock und Schwedt Gottesdienste abhält. Britta Wauer hat mit dem Herzen gedreht. Drei Jahre lang hat die Regisseurin den jüdischen Gentleman begleitet, der 1933 vor den Nazis geflüchtet ist und heute weder den Tod noch Rechtsextreme in Meckenblurg-Vorpommern fürchtet. "Rabbi Wolff" ist ein faszinierender Film über einen höchst inspirierenden Menschen.

Thorsten Schmitz

13 / 15

Song One

song one

Quelle: One Filmverleih

Um ihren Bruder aus dem Koma zu wecken, bringt eine Ethnologin die Geräusche der Stadt an sein Bett: sie nimmt das Nachtleben in Brooklyn auf, die Konzerte in den Bars und Clubs. Dabei lernt sie einen Sänger kennen, eine verhaltene Romanze beginnt. Viele Tränen fließen, viel Musik wird gehört, während Regisseurin Kate Barker-Froyland den unterschiedlichen Formen der Kommunikation nachspürt.

Doris Kuhn

14 / 15

A War

Kinostart - 'A War'

Quelle: dpa

Unter all den Problemfilmpornos zum Thema Afghanistankrieg ist dieses Drama eine kluge und beunruhigende Ausnahme: Die Geschichte eines dänischen Kommandanten und Familienvaters, der sich für den Tod von Zivilisten während eines Einsatzes rechtfertigen muss, erzählt Tobias Lindholm als Gewaltspirale nach dem Dominoprinzip - eine Entscheidung, diverse diabolische Konsequenzen.

David Steinitz

15 / 15

Wild

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Quelle: Heimatfilm

Menschenfrau liebt Wolf - mit dieser Story und einer speziesübergreifenden Sexszene hat Nicolette Krebitz schon auf dem Sundance Festival großes Aufsehen erregt. Der Wolf ist kein computeranimiertes Wesen aus dem Reich der Fantasy, kein großer böser Märchenbewohner und kein Heuler im Mondlicht, sondern einfach ein wildes Tier. Die Annäherung muss also langsam erfolgen - aber dann entwickelt das Leinwand-Paar (Lilith Stangenberg und Wolf Nelson) eine rätselhafte Chemie, die simple provokative Kurzschlüsse überwindet.

Tobias Kniebe

© SZ.de/roho
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