10 Cloverfield Lane
In diesem Horrorthriller aus der Hollywood-Denkfabrik von J.J. Abrams wacht ein hübsches Mädchen im Keller eines verrückten dicken Mannes auf, ohne zu wissen, was mit ihr geschehen ist. Regisseur Dan Trachtenberg findet zwar keinen vernünftigen Ausgang für sein Psychospiel - hat dafür aber eine sexy Geheimwaffe: den großen John Goodman, der auf eine Jukebox trifft und beim Tanzen mit dem Hintern wackelt, als ob es keinen Morgen gäbe.
Alle Katzen sind grau
Adoleszenz, der erste heimliche Alkohol und der Vater, den man nie hatte - ein etwas anderer Coming-of-Age-Film aus Belgien, von Savina Dellicours. Paul, ein alternder Privatdetektiv, beobachtet seine Tochter Dorothy aus der Ferne, bis sie ihn anheuert, ihren Vater zu finden - ihn. Sie werden Freunde. Der daraus entstehende Konflikt ist bis ins Detail vorhersehbar, aber charmant ausgetragen, und zum Finale gibt es noch einmal milde Überraschung.
Criminal Activities
Widrige Umstände verschaffen vier Mittelklasse-Jungs ( u.a. Michael Pitt) eine 400.000 Dollar-Schuld beim Cleveland-Mafioso, die sie mit einem ziemlich irren Kidnapping-Deal abzahlen sollen. Was passiert, wenn blutige Amateure dem schnellen Geld nachjagen, spielt nun auch Jackie Earl Haley als Regisseur und Darsteller durch. Zusammen mit John Travolta wildert er in Tarantino-Terrain und parfümiert das Ganze mit ein bisschen Coen-Cologne, was dank aberwitziger Wendungen und toller Schauspieler durchaus vergnüglich ist.
Eddie the Eagle - Alles ist möglich
Seine Purzelbäume von der Schanze machen ihn zum Medienstar: Michael "Eddie" Edwards (Taron Egerton), britischer Skispringer bei der Winterolympiade 1988. Regisseur Dexter Fletcher trimmt die "wahren Begebenheiten" auf Klamauk und schickt Nervensäge Eddie zum coolen Coach (Hugh Jackman) zwecks Adlerflug-Training. Spektakuläre Skisprungaufnahmen, kindische Story mit allzeit vorhersehbarer Gib-niemals-auf-Botschaft.
Familie zu vermieten
Eine weitere kleine Geschichte vom superreichen Mann, der in seinem Luxusbunker fern der Welt lebt, wie der Typ im amerikanischen Kino mit den Fledermausflügeln. Benoît Poelvoorde, der Gott des Brandneuen Testaments, diesmal als gediegener einsamer Millionär, der plötzlich Gelüste verspürt auf das Knackige und Ordinäre, in Gestalt einer jungen blonden Mutter, Virginia Efira, und ihrer Kinder. Jean-Pierre Améris inszeniert das genremäßig und emotional ganz korrekt: Batman versus Superfamilie.
The Finest Hours
Großes elementares Kino, Regie Craig Gillespie. New England, 13.Februar 1952. Ein ungeheurer Wintersturm erschüttert die Küste, ein Öltanker bricht in zwei Teile, die Küstenwache schickt ein Boot zur Rettung hinaus, kaum einer glaubt, dass es eine Chance hat, wieder zurückkommen wird: ein todesmutiger Trupp um Chris Pine in einem lächerlich kleinen Boot. Auf dem Tankerrumpf schindet Casey Affleck ein paar Stunden für die Überlebenden heraus, er ist der Einzelgänger unter den Offizieren und muss plötzlich vorne ran. Einmal geht er durch den ächzenden, zerschundenen Rumpf, saugt die Einsamkeit ein wie ein Feldherr vor der letzten Schlacht.
Im Himmel trägt man hohe Schuhe
Milly (Toni Collette) und Jess (Drew Barrymore) sind eigentlich Freundinnen fürs Leben; aber Milly hat Brustkrebs. Catherine Hardwicke ("Twilight") lässt die beiden die Höhen und Tiefen erleben, die der Kampf dann mit sich bringt. Schönes Melodram, mit ein paar wunderbar intimen Momenten zwischen den beiden Frauen.
Ixcanul - Träume am Fuße des Vulkans
Den silbernen Bären gab es bei der Berlinale 2015 für dieses Drama einer Maya-Familie im Hochland Guatemalas. Von dort stammen nicht nur Regisseur Jayro Bustamente, sondern auch die beiden überzeugenden Laien-Hauptdarstellerinnen - eine Mutter und ihre Tochter, die ungewollt schwanger wird. Erzählt wird die Geschichte einer entmächtigten Kultur, ohne sie dabei ihrerseits erneut auszuschlachten.
Pelo Malo
Der neunjährige Junior hätte statt der krausen Matte auf seinem Kopf gerne glattes Haar wie ein Popstar. Seine Mutter Marta, die als dauergestresste Alleinerziehende gerade so über die Runden kommt, fürchtet, das könnte das erste Anzeichen von Homosexualität sein. Samuel Lange Zambrano, der Junior spielt, ist toll. Aber der Film von Mariana Rondón leidet darunter, dass man der sonst so modernen Marta ihre Homophobie nicht abnimmt.
Sommer in Wien
In seinen starken Momenten erinnert dieser Dokumentarfilm von Walter Größbauer an den Stummfilmklassiker "Menschen am Sonntag" von 1930. Fast ein Jahrhundert später öffnen sich auch hier im gemütvoll langsamen Takt einer Großstadt im Sommer Inseln von beiläufigem Glück, im Umkreis der Werkstatt eines Wiener Klavierbauers. Ein ruhiger, musikalischer Film, nicht nur wegen des tollen Soundtracks.
Im Spinnwebhaus
Die realen Märchen sind die grausamsten, aber auch oft die schönsten. Als seine Mutter verschwindet, übernimmt Jonas (Ben Litwinschuh) die Rolle des Familienoberhauptes für seine jüngeren Geschwister, er lügt, stiehlt Essen und erschafft eine Fantasie, in der sie vor der Wirklichkeit Zuflucht finden. Die schwarz-weiße Filmwelt Mara Eibl-Eibesfeldts bleibt in ihrer Magie und Traurigkeit im Gedächtnis, obwohl oder gerade weil ihre Problematik sehr wirklich ist.