Kinostarts der Woche:Helge, gut versteckt

In "Mülheim - Texas" scheitert der Versuch, der Person Helge Schneider näher zu kommen. In "Härte" über einen Ex-Zuhälter und Schuldeneintreiber ist die Liebe kälter als der Tod. Für welche Filme sich der Kinobesuch lohnt - und für welche nicht.

Von den SZ-Kinokritikern

Avengers: Age of Ultron

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(Foto: AP)

Lauter gute Nachrichten im zweiten Teil der Comic-Orgie: der große grüne Hulk ist verliebt, und zwar in Scarlett Johansson. Der Pfeil-und-Bogen-Held Hawkeye hat sich ein Landhaus zugelegt. Und zwischen zwei Rettungsmissionen gönnen die Avengers sich ein richtiges Besäufnis - sogar Donnergott Thor braucht mal einen Drink. Dass Joss Whedon die kontemplativen Momente des Superheldenalltags für diverse Riesenschlachten unterbricht, ist fast schon störend. Die ausführliche SZ-Filmrezension lesen Sie hier.

Big Eyes

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(Foto: Leah Gallo; StudioCanal)

Was ist denn nun wichtiger, derjenige, der die Kunst schafft, oder derjenige, der sie unter die Leute bringt, fragt Tim Burton. Walter und Margaret Keane sind ein Prachtpaar der amerikanischen Fünfziger, in Liebe und Kunst vereint. Margaret malt, Walter gibt die Bilder als die seinen aus. Christoph Waltz ist der naiv-fiese Walter, Amy Adams ist Margaret, blondgeschneckelt, aber sie weiß um alle Abgründe der Seele. Die ausführliche SZ-Filmrezension lesen Sie hier.

A Girl Walks Home Alone At Night

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(Foto: ; Pretty Pictures)

Als "ersten iranischen Vampirfilm" verkauft die Regisseurin Ana Lily Amirpour ihr Regiedebüt, und damit ist ihr eine gewisse Aufmerksamkeit sicher. Eine schmale Gestalt im schwarzen Schleier huscht durch die Nacht, große devote Augen lugen darunter hervor - bis Sheila Vand ihre Vampirzähne zeigt. Eine schöne Umkehrung islamischer Geschlechterrollen, in Schwarzweiß und auf Persisch gedreht - aber eben doch in Kalifornien, wo die Regisseurin auch aufgewachsen ist. Die Schattenwelt in ihrem Film ist dagegen völlig ortlos. Die SZ-Videorezension "Zoom - Die Kinopremiere" sehen Sie hier.

Ex Machina

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(Foto: AP)

Ein Frankenstein-Experiment fürs Silicon Valley-Zeitalter: In seinem Regiedebüt entfesselt der Drehbuchautor Alex Garland einen verführerischen und gnadenlosen Erotikthriller über das Flirtverhalten von Maschinen. Und stellt fest, dass Männer - repräsentiert durch Oscar Isaac und Domhnall Gleeson - sich auch von künstlichen Mädchen vollkommen unbeholfen in die schlimmste Amour fou locken lassen. Die ausführliche SZ-Filmrezension lesen Sie hier.

Hubert von Goisern - Brenna tuat's schon lang

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(Foto: Movienet)

Marcus H. Rosenmüllers Hommage an den österreichischen "Alpenrocker mit dem Akkordeon" blättert das Album seiner 25-jährigen Karriere mit buntem Archivmaterial auf. Hübscher Beginn: von der Blaskapelle zur Jodel-Punk-Rebellion. Vom großen Erfolg und den Weltreisen aber wird oberflächlich erzählt, aus Imagepflege-Perspektive. So gerinnt das Gemälde einer musikalisch-missionarischen Selbstfindung zum PR-Poster.

Härte

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(Foto: MissingFILMS)

Ein Leben wie von Fassbinder erfunden. Liebe ist kälter als der Tod. Andy Marquard, Karatemeister, Ex-Zuhälter und Schuldeneintreiber, erzählt sein Leben: vom sadistischen Vater, der Mutti, die jahrelang Sex mit ihm hatte. Rosa von Praunheim lässt die Szenen dazu in schwarz-weißen Studiokulissen nachspielen. Ein Film wie ein Fausthieb, mit einem scharfen Blick für die Mechanismen der Abhängikeit. Die ausführliche SZ-Filmrezension lesen Sie hier. .

Judgment - Grenze der Hoffnung

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(Foto: Krasimir Andonov)

Ökonomische Krise, Vergangenheitsbewältigung, Vater-Sohn-Konflikt. Wie in einem bemühten Besinnungsaufsatz zum traurigen Stand der Dinge in Bulgarien stapelt Regisseur Stephan Komandarev die Probleme, hakt sie ab, und lässt auch noch den brisanten Kern der Geschichte - wie ein zynischer Menschenhändler (Miki Manojlović) syrische Flüchtlinge in die EU einschleust - in erzählerischer Langeweile versickern.

Mülheim Texas - Helge Schneider hier und dort

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(Foto: Petra Lisson)

Wie nah kommt man dem Menschen Helge Schneider? Gar nicht mal so nah, wie Andrea Roggons Dokumentarfilm zeigt. Der Regisseurin beim Annäherungsversuch zuzusehen, ist dennoch eine so vergnügliche wie aufschlussreiche Angelegenheit, weil der Film Schneiders Widerspenstigkeit mehr Platz gibt als sich selbst. Weil er der gut versteckten Persönlichkeit hinter "Fitze Fitze Fatze"-Klamauk und Jazz-Improvisationen sein Geheimnis lässt.

Neuland

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(Foto: Rise and Shine Cinema)

Der FC Basel ist ein kleiner Club, gegen den FC Chelsea hat er keine Chance. 2013 gewannen die Schweizer trotzdem gegen die Engländer. So macht Herr Zingg seinen Schülern Mut, das scheinbar Unmögliche zu wagen: den Neustart in der Fremde. Über zwei Jahre begleitete Anna Thommen eine Baseler Integrationsklasse in ihrem Alltag: sie erzählt vom Bangen um die Aufenthaltserlaubnis, vom Suchen einer Lehrstelle, von Hindernissen und Hoffnungsschimmern. Eine ruhige, eindringliche Dokumentation über das Ankommen.

Shana - The Wolf's Music

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(Foto: OneFilmverleih)

Ein kleines Indianerdorf in Kanada kämpft mit Vorurteilen: Alkoholprobleme, Arbeitslosigkeit - und vor allem Zukunftslosigkeit. Allerdings muss die widerspenstige Geigerin Shana auch noch mit dem frühen Tod ihrer Mutter klarkommen. In diesem esoterischen Drama blickt der Italo-Schweizer Filmemacher Nino Jacusso tief in eine isolierte Welt hinein, die ihre Kraft und Hoffnung aus der Natur schöpft.

Striche ziehen

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(Foto: realistfilm)

"Ich kann das handlen", sagt Jürgen, es ist sein Mantra. Er glaubte, bei der Stasi mitmachen zu können, aber keinem zu schaden, vor allem nicht den Freunden aus der Punktruppe in Weimar in den Achtzigern. Jürgen schadet, auch dem eigenen Bruder. Die Jungs wechseln alle in den Westen, dort ziehen sie in einer Punk-Aktion einen sechs Kilometer langen Strich auf der Mauer, am 3. November 1986. Gerd Kroske, der subtile Chronist der DDR-Mentalität und ihrer Spuren heute, hat die Punks von damals vor die Kamera geholt.

That Lovely Girl

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(Foto: dpa)

Eine junge Frau (Maayan Turjeman) lebt in einer inzestuösen Beziehung mit ihrem Vater, der sie besteigt, schlägt, demütigt. Sie leidet an Essstörungen und ritzt sich. Ein antichauvinistisches Plädoyer, eine Parabel der israelischen Gesellschaft? Aber Keren Yedayas Tour de Force insistiert auf einem verrückt naiven Traum vom privaten Glück, was die Brutalität des Films (bewundernswerterweise) opak werden lässt.

Belluscone

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(Foto: Daring House)

Was hat ein sizilianischer Konzertveranstalter mit der Mafia zu tun? Und warum lieben die Italiener Berlusconi? Auf keine dieser Fragen gibt Franco Marescos ironische Dokumentation eine klare Antwort. Dafür bietet sie einen abenteuerlichen Ausflug in das skurille Milieu der Straßenfeste Palermos, bei dem man sich unaufhörlich fragt, was davon noch Realität und was schon Satire ist.

© SZ vom 23.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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