Kinobösewichter:"Scarface" war gestern

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Das britische Filminstitut, das in Großbritannien für die Filmförderung zuständig ist, will keine Projekte mehr finanziell unterstützen, in denen Bösewichter mit Narben vorkommen. Die gibt es im Kino häufig.

Von Alexander Menden

Das British Film Institute (BFI) hat angekündigt, dass es künftig keine Filme mehr fördern wird, in denen Bösewichte mit Gesichtsnarben vorkommen. Das Institut, das dem britischen Kulturministerium unterstellt und unter anderem für die Filmförderung in Großbritannien zuständig ist, schließt sich damit der sogenannten "#IAmNotYourVillain"-Kampagne an. Diese wurde von der Organisation Changing Faces gestartet, die für die Integration von Menschen mit deutlichen Gesichtsveränderungen wie Feuermalen oder Narben eintritt. Changing Faces hat sich zum Ziel gesetzt, die Stigmatisierung von Gesichtsnarben und ihre filmische Assoziation mit Verbrecherfiguren zu beenden. Becky Hewitt, Sprecherin der Organisation, bemängelt, dass Filme Narben oder ein nicht der Norm entsprechendes Aussehen "viel zu oft als Signal für Böses" benutzten.

Tatsächlich ist die Liste vernarbter Filmbösewichte lang. Ein frühes Beispiel trägt die Entstellung sogar im Titel: In "Scarface" von Howard Hawks (1932) ist es der Gangster Tony Camonte, in Brian de Palmas Remake (1983) der kubanische Drogenboss Tony Montana, der durch seine äußere Entstellung seine innere Schlechtigkeit anzeigt. Eine Reihe von James-Bond-Gegenspielern, von Blofeld über Le Chiffre bis zu Raoul Silva sind vor allem durch ihre Gesichter charakterisiert. In "Star Wars" wird Anakin Skywalkers Verfinsterung zu Darth Vader von Narben begleitet, sein böser Enkel Kylo Ren hat ebenfalls einen auffälligen Schmiss. Und auch Superhelden-Blockbuster greifen auf das bewährte Antagonisten-Design zurück, vor allem im DC-Comic-Universum, wo der Joker in "The Dark Knight" ein ins Gesicht geschnitztes Grinsen zur Schau trägt und die entstellte Isabel Maru, alias Doctor Poison, Wonder Woman bekämpft.

Drehbücher mit solchen Negativzeichnungen wird das BFI nun meiden, da sie nicht den Vielfältigkeitsstandards entsprechen, denen sich das Filminstitut laut dessen stellvertretendem Vorsitzenden Ben Roberts verschrieben hat. Das BFI fördert jetzt ausdrücklich Filme, die zu einer "Kurskorrektur" der bisherigen Darstellung von vernarbten Menschen beitragen. Das erste derartige Projekt wird "Dirty God" sein. Sacha Polaks Film, der die Geschichte einer Frau erzählt, die eine Säureattacke überlebt, wird im kommenden Januar beim Sundance Film Festival Premiere feiern.

© SZ vom 06.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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