Kino:Wie man einen Mann erlegt

Im Rahmen der Filmkunstwochen stellen sechs junge Regisseure ihre mit dem Starterpreis der Stadt München ausgezeichneten Werke vor

Von Josef Grübl

Es mag zwar erst Juli sein, das Wort des Jahres steht aber eigentlich schon fest: "Wirkungsgleich" hat eine erstaunliche Karriere gemacht, es ist in aller Munde. Das ist den führenden Köpfen einer zuletzt eher uneinigen Union zu verdanken, doch auch abseits von politischer Brachialrhetorik lässt sich der Shootingstar der Wörter gut einsetzen: Wirkungsgleich sind auch die Werke der Münchner Jungfilmer Anatol Schuster, Anna Roller, Tanja Schmidbauer, Jovana Reisinger sowie Sylvain Cruiziat und Mila Zhluktenko. Ihre Filme lassen sich formal und inhaltlich nicht miteinander vergleichen, eins ist ihnen aber gemeinsam: Sie haben die Juroren des Starterpreises der Stadt München überzeugt und somit ihre volle Wirkung entfaltet.

Anderen Filmen mag das zwar auch gelingen, diese hier aber werden mit jeweils 6000 Euro Preisgeld belohnt, insgesamt sind vier Preise ausgelobt, drei für Regie und einer für Produktion. Die Auszeichnung ist nicht nur des warmen Geldregens wegen begehrt, schließlich finden sich unter den bisherigen Preisträgern so klangvolle Namen wie Maren Ade, Hans-Christian Schmid oder Baran Bo Odar. Die diesjährigen Gewinner stehen schon seit einigen Wochen fest, die Verleihung findet aber erst im Herbst statt. Vorher kann sich auch das Publikum von ihrer Qualität überzeugen: Da sie (noch) keinen regulären Kinostart haben, stellen sie die Preisträger im Rahmen der Münchner Filmkunstwochen vor.

Luft

Ein Film, der von der Atmosphäre lebt: Lara Feith (links) und die Münchnerin Paula Hüttisch spielen in "Luft" zwei Mädchen, die im Wald einander und der Liebe begegnen.

(Foto: wirFILM, Julian Krubasik)

Die in diesem Jahr bereits zum 66. Mal stattfindende Veranstaltungsreihe mehrerer Münchner Programmkinos wird am Mittwoch (unter anderem) mit Sylvain Cruiziats und Mila Zhluktenkos zwanzigminütigem Dokumentarfilm "Find Fix Finish" (um 20 Uhr im Maxim Kino) eröffnet. Das Regieduo studiert an der Hochschule für Fernsehen und Film (HFF), es beobachtet drei US-Drohnenpiloten bei der Arbeit. Ihnen gelingt eine irritierende Mischung aus Intimität und Distanz, aus der Vogelperspektive sieht man Menschen in Alltagssituationen, beim Spazierengehen oder am Strand. Doch die Idylle trügt: Die Piloten haben einen militärischen Auftrag, sie führen Krieg von oben.

Auch die anderen Preisträger kommen von der HFF München, Anatol Schuster etwa, der für seinen Spielfilm "Luft" ausgezeichnet wird. Die Coming-of-Age-Story um zwei 17-jährige Mädchen, die sich im Wald begegnen und ein Verhältnis miteinander eingehen, ist atmosphärisch dicht inszeniert und lebt von den komplexen Charakteren. "Es ist ein Erinnerungsfilm", sagte der Regisseur vergangenes Jahr beim Filmfest München, wo "Luft" in der Reihe "Neues Deutsches Kino" lief; es gehe darum, wie die Liebe der Mädchen im Rückblick wahrgenommen werde. Bemerkenswert ist auch das Sounddesign, das die titelgebende Luft auf unterschiedliche Weise hörbar machen will. "Wir haben das Thema auf allen Ebenen variiert", so Schuster. Er stellt seinen Film am Montag, 13. August, 21.15 Uhr, im City-Kino vor.

Eine Mischung aus Lesung und Filmvorführung findet am Sonntag, 29. Juli, um 18.30 Uhr im Maxim statt: Jovana Reisinger stellt an diesem Abend ihre mit dem Starter Filmpreis ausgezeichnete Kurzfilmreihe "Pretty Pretty Mad Sad" vor und liest aus ihrem vor einem Jahr erschienenen Debütroman "Still halten". Die in München geborene und in Österreich aufgewachsene Preisträgerin ist vielseitig, sie arbeitet als Filmemacherin, Autorin und bildende Künstlerin. In der Kategorie Produktion ausgezeichnet werden die HFF-Studentinnen Anna Roller und Tanja Schmidbauer. Den Preis gibt es für ihren Kurzfilm "Pan", aber auch sie sind in verschiedenen Bereichen tätig - Schmidbauer etwa brachte schon Filme im Eigenverleih in die Kinos. "Pan" ist ein sechzehnminütiger Horrorthriller, sehr wild und ekstatisch, zu sehen ist er am Donnerstag, 26. Juli, um 21 Uhr im Maxim. Es geht um eine Frau, die auf die Jagd geht und einen Mann erlegt. Das hat man schon in anderen Filmen gesehen, allerdings waren da meist Männer die Täter und Frauen die Opfer. Das ist aber, man ahnt es bereits, durchaus wirkungsgleich.

66. Filmkunstwochen München, Mi., 25. Juli, bis Mi., 15. August, www.filmkunstwochen-muenchen.de

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