Süddeutsche Zeitung

Kino: Valentinstag:Neurosenstrauß

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Mehr Stardichte geht nicht: Julia Roberts, Anne Hathaway, Jessica Alba, Jessica Biel, Ashton Kutcher und Patrick Dempsey bringt der "Pretty Woman"-Regisseur am Valentinstag zusammen.

Fritz Göttler

Meine Mutter, sagt Liz, das Mädchen am Empfang, den Hörer in der Hand, als ihre Chefin in der Früh erscheint, ein paar Worte wechselt und beiläufig fragt, wen Liz denn da in der Telefonwarteschleife hinhält. Die Mutter . . .!

Anne Hathaway ist Liz und sie macht jene nervös-unmotivierte Körper- und Gesichtsakrobatik, die seit "Der Teufel trägt Prada" ihre Spezialität ist, und schon hat sie den Knopf gedrückt und die Verbindung getrennt. Kein Abschiedswort, kein "Ich ruf gleich zurück". Ziemlich kalt, sagt die Chefin, gespielt von Queen Latifah und verschwindet in ihrem Büro. Es ist natürlich nicht die Mutter, sondern eine heiße Nummer, ein Telefon-Zweitjob, an dem Liz da hängt.

Dies ist ein Film, den man nach den verschiedenen Temperaturgraden beschreiben könnte, in die er uns alle paar Minuten stürzt. Was mit dem Bündel Hollywoodstars zusammenhängt, die da zu einem verschlungenen Episodengemenge am Valentinstag, dem 14. Februar, zusammengeholt wurden, neben Hathaway und Queen Latifah Jessica Biel und Jennifer Garner, Ashton Kutcher und Jamie Foxx, Shirley MacLaine und Taylor Swift. Und Hector Elizondo, ohne den kein Garry-Marshall-Film mehr denkbar ist.

Mit schöner Zuverlässigkeit macht Marshall, in der Tradition von Leo McCarey und Blake Edwards, alle zehn Jahre das essentielle Hollywood-Dekadenstück, einen filmischen Bericht zur emotionalen Lage der Nation - vor zwanzig Jahren war das "Pretty Woman", etwa zehn Jahre danach die "Runaway Bride", beide mit Julia Roberts. Die ist nun auch in "Valentinstag" wieder dienstverpflichtet, als Army-Frau auf einem langen Flug heim für ein kurzes Valentinstag-Date.

Im Mittelpunkt des 24-Stunden-Reigens steht das Siena Bouquet in Los Angeles, ein Blumenshop, der unter Hochdruck arbeitet, anbandelt, berät, Blumiges quer durch die Stadt befördert. Es gibt Anträge mit Brillantring, Versuche, seine Unschuld zu verlieren, bittere Erkenntnisse.

Der Valentinstag ist kein freier, kein richtiger Feiertag, man bleibt mit seinen Gefühlen voll gefangen im Alltag und möchte doch dem besonderen Tagesgefühl markanten Ausdruck verleihen. Am Ende ist alles eine Frage der Unschuld, oder wenigstens wie man die verschiedenen Vorstellungen davon zusammenbringen kann. Ein Neurosenstrauß, in dem das Saukomische abrupt mit dem Nervigen, das Exponierte mit dem Verdrängten wechselt, die Krisen mit den Glücksgefühlen. Mühsam nur deckt manchmal das omnipräsente Rosa den schwarzen Untergrund. Sehr schön ist eine Szene in einem Restaurant, in der eine betrogene Frau ihrem betrügerischen Geliebten - er ist verheiratet, sitzt mit der Familie am Tisch - ein Menü zusammenstellt, mit Körperorganen, die sonst nicht auf dem Speiseplan erscheinen.

Zum Feiern sind die Amerikaner geboren, zu jenem Überschwang, der sie so großspurig und unwiderstehlich und so idiotisch und verletzlich macht - weil sie das Oberflächliche so ernst nehmen wie die tiefen Gefühle. Was die Feier der Liebe angeht, hat dieser Film jede Menge Gewährsleute parat, von Rumi, dem persischen Mystiker, bis zu Jean-Claude Van Damme. Auch auf dem Friedhof wird gefeiert, dem Hollywood Forever Cemetry, wo es nächtliche Freiluftfilmvorführungen gibt - lebendige Phantome mischen sich da, die auf der Leinwand mit denen davor.

VALENTINE'S DAY, USA 2010 - Regie: Garry Marshall. Buch: Katherine Fugate. Kamera: Charles Minsky. Mit: Julia Roberts, Anne Hathaway, Jessica Alba, Jessica Biel, Jennifer Garner, Shirley MacLaine, Ashton Kutcher, Patrick Dempsey, Hector Elizondo, Jamie Foxx, Topher Grace. Warner, 124 Min.

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SZ vom 11.2.2010
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