Süddeutsche Zeitung

Kino:Toller Käfer

"Bumblebee" ist ein gelungener Coming-of-Age-Film - wenn nur diese Transformers nicht wären.

Von Jan Jekal

Eine kalifornische Vorstadt in den Achtzigern. Abends guckt man "Alf". Angst hat man vor den Russen. Auf den cooleren T-Shirts prangt Elvis Costello. Die Frisuren sind ein Problem. Das nostalgische Zitieren von Achtzigerjahre-Popkultur, seit der Netflix-Serie "Stranger Things" das neue Geheimrezept Hollywoods, hat nun auch das "Transformers"-Franchise erreicht; nach den humorlosen Materialschlachten von Michael Bay, der die fünf bisherigen Filme inszeniert hat, ist das eine gute Nachricht.

Auch hier müssen sich wieder riesige Roboter gegenseitig verprügeln, aber jenseits dieser mäßig aufregenden Pflicht-Sequenzen ist "Bumblebee" eine ziemlich gelungene Coming-of-Age-Geschichte geworden. Und erstmals ist dabei der Einfluss von Steven Spielberg zu spüren, der die Reihe von Beginn an als Produzent steuert. Wie in seinem quintessenziellen Achtziger-Film "E.T." steht hier eine Familie im Zentrum, deren ohnehin schon chaotischer häuslicher Alltag von einem übernatürlichen Wesen noch einmal mehr durcheinandergebracht wird.

Charlie, die Teenager-Protagonistin, wünscht sich ein Auto zum Geburtstag. Ihr Stiefvater ist da keine Hilfe, wohl aber ihr alter Freund, ein Kfz-Mechaniker -"Bumblebee" ist einer dieser Filme, in denen die aufgeweckte Protagonistin mit einem alten Kfz-Mechaniker befreundet ist. Auf dessen Gelände findet sich ein bienengelber VW-Käfer, und Charlie beschließt, den wieder flott zu machen. Aufgrund dramaturgischer Verquickungen, die gleichzeitig komplex und völlig egal sind, verbirgt sich hinter diesem unscheinbaren Wagen ein Transformer. Soll heißen: Der kleine VW-Käfer kann sich in einen fünf Meter großen Roboter verwandeln. Als das passiert, rennt Charlie nicht etwa schreiend weg, sondern geht zärtlich-zögerlich auf das Wesen zu und tauft es "Bumblebee". Hailee Steinfeld, die mit fünfzehn für ihr Filmdebüt in "True Grit", dem Western der Coen-Brüder, gleich für den Oscar nominiert wurde, verleiht Charlies Chuzpe selbst in diesem Moment eine zwingende Sinnhaftigkeit. Die Drehbuchautorin Christina Hodson nimmt die Freundschaft zwischen Mädchen und Roboter auf rührende Weise ernst, und lässt Bumblebee über sein Autoradio kommunizieren; wenn er Charlie etwas sagen will, spult er ein Lied zu dem gesungenen Satz vor, der ausdrückt, was er ihr mitteilen möchte. Eine gute Gelegenheit, allerhand Achtziger-Popkultur unterzubringen.

Leider bleibt "Bumblebee" nicht nur bei Charlie und ihrem neuen Freund, sondern lässt auch andere Transformers von einem weit entfernten Planeten zur Erde kommen, und die wollen dann, natürlich, die Menschheit auslöschen, und am Ende geht es wieder um alles, also um nichts. Immerhin kann man als Zuschauer erkennen, was passiert (schon das war bei Michael Bay ein Problem), aber was das dann zu bedeuten hat, bleibt unklar.

Wenn der eine riesenhafte Autoroboter den anderen riesenhaften Autoroboter mit spitzer Klinge aufspießt, ist das für den Aufgespießten dann schlimm? Tötet das den? Kann der überhaupt sterben? Blockbuster wie "Bumblebee" überstürzen sich sonst damit, ihrem Publikum Informationen um die Ohren zu hauen, aber auf das Aufstellen von Regeln, aus denen erst, wenn die Fallhöhe feststeht, das Drama folgen kann, wird hier verzichtet. So sieht man der unweigerlichen Fortsetzung des Films mit gemischten Gefühlen entgegen. Mit Steinfeld als Protagonistin wäre ein weiterer "Transformers"-Film durchaus erfreulich. Wenn es nur diese Transformers nicht gäbe.

Bumblebee, USA 2018. Regie: Travis Knight. Buch: Christina Hodson. Kamera: Enrique Chediak. Schnitt: Paul Rubell. Mit: Hailee Steinfeld, John Cena. Verleih: Paramount, 114 Min.

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Quelle:
SZ vom 22.12.2018
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